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Linz – Der Glaube an Gott kann Trost spenden in schwerer Zeit wie der Corona-Krise – das glaubt ein Fünftel der erwachsenen Österreicherinnen und Österreicher. Aber für sich selbst würde nur eine verschwindende Minderheit dieses Rezept anwenden: Gerade einmal vier Prozent stimmen in der Weihnachtsumfrage des Linzer Market-Instituts uneingeschränkt der Aussage zu, dass sie jetzt mehr beten würden. Nur die Gruppe der kirchlich engagierten Personen – sie ist im vergangenen Jahrzehnt von 21 auf zwölf Prozent der Gesamtbevölkerung zusammengeschrumpft – gibt in signifikant höherem Ausmaß an, jetzt mehr zu beten.

DER STANDARD ließ mehr als 800 repräsentativ ausgewählte Wahlberechtigte zu ihrer Haltung zur Kirche und zum Glauben befragten. 48 Prozent bekennen sich als mehr oder weniger stark der katholischen Kirche zugehörig, zu den erwähnten zwölf Prozent der engagierten Katholiken kommen weitere 36 Prozent Taufscheinkatholiken hinzu. (In der Gesamtbevölkerung, die über den Kreis der Wahlberechtigten ab 16 hinausgeht, sind 56 Prozent Katholiken.)

Richtige Antworten vermisst

Wie in vielen Weihnachtsumfragen vorher hat Market erhoben, ob die Befragten von der Kirche "die richtigen Antworten für die Menschen unserer Zeit" bekommen – darauf sagen vier Prozent "ja bestimmt", weitere 17 Prozent sagen "eher schon". Die große Mehrheit aber sieht sich weniger (36 Prozent) bis gar nicht (28 Prozent) von den Aussagen der Kirche angesprochen. Die restlichen 15 Prozent geben gar keine Auskunft zu dem Thema.

Fragt man nach, ob vielleicht der lange Jahre sehr populäre Papst Franziskus die richtigen Antworten hätte, wird das Bild nur unwesentlich besser. Da trauen sich nämlich gleich 24 Prozent keine Aussage mehr zu – und die, die doch Angaben machen, stimmen Franziskus auch nur zu fünf Prozent ganz und zu 30 Prozent teilweise zu. "Das war vor drei Jahren noch ganz anders, da hat mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Franziskus ganz oder immerhin teilweise richtige Antworten auf ihre Sorgen erlebt", erinnert sich Market-Institutsleiter David Pfarrhofer.

Enzyklika? WIe bitte?

Market machte die Probe aufs Exempel und fragte nach der im Herbst veröffentlichten Enzyklika "Fratelli Tutti": Nur vier Prozent gaben an, sich damit beschäftigt zu haben, 29 Prozent sagten, sie hätten das päpstliche Lehrschreiben am Rande mitbekommen. Dem Rest ist es nicht aufgefallen oder er kann sich nicht erinnern.

Bei der Nachfrage, ob die Enzyklika Einfluss auf die internationale Politik haben werde, kommt kaum Zustimmung. 50 Prozent trauen sich bei dieser Frage erst einmal gar keine Einschätzung zu, von der anderen Hälfte der Befagten meinen wiederum weit mehr als die Hälfte, dass das Rundschreiben keinen politischen Nachhall haben werde.

Papstamt bleibt wichtig

Pfarrhofer: "Dabei wird das Papstamt als solches von der österreichischen Bevölkerung noch beinahe so wichtig genommen wie zu Beginn des Pontifikats. Damals, im März 2013 ist Franziskus von den Medien ja fast als Popstar gefeiert worden – und 54 Prozent haben uns gesagt, dass das Amt des Papstes wichtig ist. Jetzt ist Franziskus so lange im Amt wie sein Vorgänger Benedikt XVI. und es sagen weiterhin 48 Prozent, dass sein Amt als Leitfigur der Christenheit wichtig wäre." Nur 23 Prozent lehnen den Papst als Leitfigur ab.

Auf einer fünfstufigen Notenskala gaben aber nur sieben Prozent dem Heiligen Vater ein "Sehr gut" für seine Reaktionen auf die Corona-Krise, 15 Prozent ein "Nicht genügend" – die Durchschnittsnote lautet 3,15.

Ganz klare Zustimmung gibt es auf die Frage danach, ob sich angesichts der Corona-Pandemie mehr Menschen Gedanken über den Tod machen. Aber nur eine Minderheit glaubt, dass sich deswegen mehr Menschen Hoffnungen auf ein Leben nach dem Tod machen würden. (Conrad Seidl, 24.12.2020)