Was ein Niedrigstenergiegebäude ist, diese Frage ist immer noch nicht geklärt. In Oberösterreich gilt jenes Haus als ein Niedrigstenergiehaus, das weniger als 30 kWh/m²a verbraucht. Die offizielle EU-Gebäuderichtlinie charakterisiert es als ein Haus mit einer "sehr hohen Gesamtenergieeffizienz". Fest steht, und das macht auch der Originalname klar ("Nearly zero-energy"): Es sind keine Passivhäuser, die die Europäische Union da verlangt.

Doch sie verlangt. Und zwar ab 2021 für jeden Neubau. Das ist ein Teil der Maßnahmen, um die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken. Der Gebäudesektor spielt dabei eine tragende Rolle.

Doch "Gebäude nach dem Niedrigstenergie standard zu bauen, ist alles andere als einfach", sagt Georg Trnka, Senior Expert bei der Österreichischen Energieagentur. Er und sein Team sind in Österreich für das EU-weite Newcom-Projekt zuständig. Kern der Initiative: Weiterbildungen für Handwerker anbieten, um den Übergang zum Bau von Niedrigstenergiehäusern reibungslos zu gestalten.

Perfekte Ausbildung ist das A und O

Denn dabei ist einiges zu beachten. "Schon kleine Fehler bei der Bauausführung können zu einem erhöhten Energieverbrauch und Komfortverlust führen", sagt Trnka. Die perfekte Ausbildung der ausführenden Fachkräfte sei also das A und O, um Häuser zu bauen, die so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Die Energieagentur hat deswegen das Programm in drei Aspekte aufgeteilt: Flachdach- und Bauwerksabdichtungen, Komfortlüftungssysteme und Qualitätssicherung.

Das Flachdach steht dabei gewollt an erster Stelle. "Wenn ich beim Flachdach einmal einen Fehler gemacht habe, dann kann ich das nicht so einfach nachbessern oder nachdämmen wie bei einem Giebeldach", sagt Trnka. Gleiches gilt für das Nachrüsten einer Fotovoltaikanlage. "So ein Niedrigstenergiehaus hat ja eine luftdichte Gebäudehülle. Werden hier zum Beispiel Löcher gebohrt und nicht wieder mit dem entsprechenden Know-how korrekt versiegelt, bricht das ganze System zusammen."

Eine Fotovoltaikanlage ist immer eine beliebte Fehlerquelle.
Foto: imago

"Früher, als man noch nicht so energieeffizient gebaut hat, waren diese Mängel noch nicht so gravierend. Aber jetzt dürfen diese kleinen Fehler nicht passieren, damit neue Gebäude auch in der Realität nur wenig Heizenergie benötigen", sagt Trnka.

Eine Pflicht für Unternehmen, ihre Handwerker in diese Weiterbildungskurse an den Bauakademien zu schicken, gibt es nicht. Die Kosten tragen die Firmen. Um trotzdem genug Motivation zu erzeugen, wurde eine Kompetenzdatenbank ins Leben gerufen. Hier sehen Auftraggeber europaweit, welche Firmen die Niedrigstenergiestandardtrainings in Anspruch genommen haben. So soll ein Wettbewerbsvorteil für diejenigen entstehen, die sich darum kümmern, den neuen Standard fachgerecht umzusetzen. Das soll auch dabei helfen, EU-weite Normen zu schaffen.

Von denen dann die Fachkräfte wieder profitieren würden. "Ein Dachdecker aus Moldawien könnte eine Ausbildung bei der Bauakademie absolvieren und diese dann mit seinem Profil in der Datenbank verknüpfen. Damit sind seine Fähigkeiten auf dem gesamten europäischen Arbeitsmarkt sichtbar", gibt Trnka ein Beispiel.