Sieht aus wie eine kleine weiße Lampe, ist aber ein Labor für zu Hause, das mit dem Handy verbunden wird und Körperwerte abfragt.

Simon Schwaighofer ist Mediziner und Co-Geschäftsführer von Bloom Diagnostics. Das Start-up mit Sitz in Wien und Zürich hat seine Produkte in Österreich entwickelt.

In Österreich gibt es über 300.000 Genesene. Sie waren mit Sars-CoV-2 infiziert, haben die Erkrankung durchgemacht und Antikörper im Blut. Das heißt: Sie sind gegen eine erneute Infektion geschützt. Das österreichische Start-up Bloom Diagnostics hat einen Test entwickelt, mit dem Genesene feststellen können, ob sie noch Antikörper haben.

STANDARD: Wer Antikörper gegen Sars-CoV-2 hat, ist gegen eine Infektion immun. Die Idee des Start-ups Bloom Diagnostics ist, dass Menschen ihren Antikörperstatus selbst überprüfen können. Wie fügt sich das ins Bild der Pandemiekontrolle?

Schwaighofer: Wir haben ein digitales Tool entwickelt, mit dem Menschen selbst Laborwerte checken können. Der Covid-19-Test ist Anfang nächsten Jahres erhältlich und zunächst für Anwender aus Gesundheitsberufen CE-zertifiziert. Jeder, der sich für seinen Antikörperstatus interessiert, kann sich dann ab Jänner in Apotheken oder bei Ärzten testen lassen.

STANDARD: Für wen genau ist dieser Test interessant?

Schwaighofer: Für drei Gruppen von Menschen. Zum einen für alle Genesenen selbst, um ihren Antikörperstatus zu überprüfen. Man kann selbst checken, ob man Antikörper hat. Sind Antikörper da, wird ein erneutes Erkrankungsgeschehen derzeit als sehr unwahrscheinlich angesehen. Man braucht dann auch nach heutigem Wissensstand keine Impfung.

STANDARD: Wie wurde so ein Antikörperstatus bisher erhoben?

Schwaighofer: In einem Labor durch eine Blutprobe. Antikörper lassen sich im Blut nachweisen und zwar ab fünf bis 15 Tagen nach der Infektion, nur in seltenen Fällen dauert es länger, bis sich Antikörper entwickeln.

STANDARD: Wer profitiert noch von so einem Test?

Schwaighofer: All jene, die wissen wollen, ob sie die Erkrankung in einem milden Verlauf eventuell schon durchgemacht haben, und sich fragen, ob zum Beispiel der Schnupfen im Frühjahr eine Corona-Infektion gewesen sein könnte. Es gibt ja auch die asymptomatischen Fälle, also eine unbemerkte Infektion. Auch dabei können Antikörper gebildet werden. Das ist hinsichtlich einer Impfentscheidung ebenfalls zu beachten.

STANDARD: Wie genau funktioniert dieses System?

Schwaighofer: Bloom Diagnostics wurde zum Selbsttesten zu Hause entwickelt. Ähnlich dem Blutzuckermessen entnimmt man einen Tropfen Blut aus dem Finger. Dieser wird mit einer Pipette auf den Teststreifen übertragen. Dazu gibt es ein Gerät, das sogenannte Bloom Lab, das dann die Analyse macht und am Smartphone das Ergebnis mit einem personalisierten Bericht anzeigt. Das Smartphone führt mit Videos Schritt für Schritt durch den zehnminütigen Prozess – theoretisch kann das jeder zu Hause machen.

STANDARD: Warum theoretisch?

Schwaighofer: Derzeit haben wir die Zulassung für den medizinischen Bereich. Wir starten in den Apotheken. Unser Ziel ist die baldige Zulassung für die Selbsttestung. Es ist sozusagen ein kleines Labor für zu Hause. Sich alle zwei Monate auf Antikörper zu testen ist während der Pandemie sinnvoll.

STANDARD: Ein Stich in den Finger ist für viele eine Hürde.

Schwaighofer: Es ist ein kleiner Stich, vergleichbar mit dem Vorgang beim Selbst-Blutzucker-Messen. Viele nehmen dies beim zweiten Mal nicht mehr als Hürde wahr.

STANDARD: Wie sicher sind die Ergebnisse?

Schwaighofer: Wir erfassen den Antikörperstatus mit einer Sensitivität von über 97 Prozent und einer Spezifität von über 96 Prozent und das innerhalb von zehn Minuten. Wir sind damit sehr nahe an der Laborgenauigkeit. So wie das Onlinebanking oder das Buchen von Reisen lassen sich viele Dinge heute selbst erledigen. Der Covid-Antikörpertest ist nur eine Anwendung. Ziel ist es, dass Menschen selbstständig ihre Blutwerte überprüfen können.

STANDARD: Das ist die Zukunft?

Schwaighofer: Genau, das denken wir. Bald wird man selbst mit diesem System auch Langzeit-Blutzuckerwerte, Nierenwerte, den Eisenspiegel oder auch Schilddrüsenwerte überprüfen können. Für jeden dieser Werte gibt es einen eigenen Teststreifen, der in die kleine Maschine geschoben wird. Dreh- und Angelpunkt ist das Smartphone. Darüber kommunizieren wir mit den Leuten, die ihre Werte messen.

STANDARD: Covid-19 ist Ihnen dazwischengekommen?

Schwaighofer: Das Bloom-System ist so weit entwickelt und flexibel, dass es möglich war, gleich am Anfang der Pandemie den Entwicklungsprozess für den Antikörpertest zu starten.

STANDARD: Was wollen Sie mit dem System verbessern?

Schwaighofer: Den Zugang zu Gesundheitsleistungen allgemein. Wer seine Körperwerte kennt, kann mehr Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen. Es ist ein Tool zur Prävention von Erkrankungen und entlastet gleichzeitig auch die medizinischen Einrichtungen. Wir haben eine Umfrage gemacht – da hat man gesehen, dass die Menschen selbst etwas für ihre Gesundheit tun möchten. Dabei unterstützt das System.

STANDARD: Wie könnte das bei Covid funktionieren?

Schwaighofer: Das Bloom-System kann bei Fragestellungen zum Antikörperstatus eingesetzt werden. Es hilft zu sehen, wer die Infektion schon hatte und daher Antikörper gebildet hat und damit wahrscheinlich immun ist.

STANDARD: Es gibt manchmal Berichte, dass Menschen zwei Mal erkranken?

Schwaighofer: Dies scheinen Einzelfallberichte zu sein. Gerade hat eine Studie der Uni-Klinik Innsbruck internationale Ergebnisse bestätigt und gezeigt, dass die Patienten, die im Frühjahr erkrankt waren, zum Großteil immer noch über Antikörper verfügen. Dass Menschen gar keine Antikörper bilden, ist nur sehr selten der Fall. Es sind nur wenige Prozent.

STANDARD: Was, wenn der Test Genesenen anzeigt, dass sie über keine Antikörper mehr verfügen?

Schwaighofer: Bei einer Erkrankung werden verschiedene Teile des Immunsystems aktiviert. Die Antikörper sind ein Teil davon. Es gibt auch andere Zellen, die den Organismus schützen und ein Immungedächtnis aufrechterhalten. Deswegen ist es gut, den Antikörperspiegel auch aus der Vergangenheit zu kennen. Jedenfalls informieren wir diejenigen, die dieses System nutzen, stets umfassend. Zentral ist dabei die Bloom-App, die personalisiert berät und relevante Informationen zur Verfügung stellt.

STANDARD: Was ist mit der Datensicherheit?

Schwaighofer: Datensicherheit ist bei unserem System zentral und nach den höchsten Standards entwickelt. Anwender und Anwenderinnen allein haben Zugriff auf ihre persönlichen Daten. Produktweiterentwicklungen werden ausschließlich mit voll anonymisierten Daten gemacht.

STANDARD: Was kostet ein Covid-Test von Bloom in der Apotheke und was das gesamte Gerät?

Schwaighofer: Ein Test wird zirka 40 Euro in der Apotheke kosten. Das gesamte System wird man mit Einführung von weiteren Tests für daheim kaufen können. Da wird es je nachdem, welche Körperwerte überprüft werden sollen, Packages geben. Das Bloom-Gerät wird aber wenige hundert Euro kosten. Wie viel genau, werden wir im Jänner je nach Anwendung in Absprache mit den anderen Partnern im Gesundheitssystem festsetzen. (Karin Pollack, 28.12.2020)