Sars-CoV-2 – im Bild als Lampion nachgebaut im deutschen Schwerin – befällt nicht nur die Atemwege, sondern kann auch die Schleimhaut des Verdauungstrakts infizieren.

foto: apa/dpa/jens büttner

Husten, Lungenentzündung, Beatmung – in der öffentlichen Wahrnehmung wird Covid-19 überwiegend als Erkrankung der Atemwege und der Lunge gesehen. Aber obschon das Virus hauptsächlich die Atemwege betrifft, werden häufig auch Magen-Darm-Beschwerden beobachtet. Erkrankte können an Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchbeschwerden leiden. Vorläufigen Daten zufolge sind Magen-Darm-Beschwerden auch häufiger mit einem schweren Krankheitsverlauf verbunden.

Ein Viertel mit Magen-Darm-Beschwerden

Bis zu ein Viertel aller an Covid-19 Erkrankten verspürt Magen-Darm-Beschwerden, Durchfall ist das häufigste Symptom. Die Magen-Darm-Beschwerden können schon vor den typischen Symptomen wie Fieber und trockener Husten auftreten.

Das Virus befällt nicht nur die Atemwege, sondern kann auch die Schleimhaut des Verdauungstrakts infizieren. Es missbraucht dabei ein auf vielen Körperzellen vorhandenes Eiweißmolekül, um in die Zellen einzudringen. Dadurch kommt es zu einer Schädigung der Schleimhaut und einer Entzündungsreaktion.

Darmflora

Bisher ist keine Therapie gegen Magen-Darm-Beschwerden durch Covid-19 verfügbar. Die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms ("Darmflora") könnte wie bei einigen anderen Erkrankungen des Verdauungstrakts, insbesondere Durchfallerkrankungen, eine Rolle spielen.

Chinas staatliche Gesundheitskommission empfiehlt die Verwendung von Probiotika ("lebende" Mikroorganismen für den Verdauungstrakt) zur Behandlung von Patienten mit schwerem Covid-19, um das Gleichgewicht des Darm-Mikrobioms zu erhalten und sekundäre bakterielle Infektionen zu verhindern. Wissenschaftlichen Nachweis gibt es dafür noch keinen.

Erprobtes Medikament

Ein Forschungsprojekt der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Med-Uni Graz unter Leitung von Vanessa Stadlbauer-Köllner plant nun, die Rolle eines Synbiotikums als Therapie der gastrointestinalen Symptome (Symptome im Verdauungstrakt) bei Covid-19-Infektion zu untersuchen. Das Präparat wird bereits bei Durchfallerkrankungen eingesetzt, die nicht im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung stehen.

Ein Synbiotikum besteht aus einem Probiotikum (lebende Bakterien, die positive Gesundheitseffekte haben) und einem Präbiotikum (Substanzen, die den probiotischen Bakterien beim Wachstum helfen).

Suche nach Biomarkern

"Einerseits interessiert uns der klinische Effekt: Wir erhoffen uns eine Verkürzung der Durchfalldauer und eventuell auch eine Verbesserung der anderen Beschwerden. Andererseits suchen wir in den Stuhlproben nach sogenannten Biomarkern – also objektiv messbaren Parametern, die wir in Zukunft für die Vorhersage der Intensität der Covid-19-Erkrankung verwenden können", sagt Stadlbauer-Köllner.

Insgesamt sollen 120 Patienten und Patientinnen in die Studie eingeschlossen und im Verhältnis 2:1 zwei Gruppen randomisiert, also per Zufallsgenerator zugeteilt werden. Eine Gruppe erhält zweimal täglich eine synbiotische Mischung in Form eines weißlichen Pulvers, das in Wasser aufgelöst getrunken wird. Die Kontrollgruppe erhält zweimal täglich ein gleich aussehendes und schmeckendes Pulver ohne Bakterien als Placebo.

Studiendauer 30 Tage

Die Patienten und Patientinnen mit akuter Covid-19-Infektion erhalten das Studienmedikament für 30 Tage sowie Stuhlprobenröhrchen, die genauen Anleitungen für die Verwendung und ein Studientagebuch per Post nach Hause geschickt; sie müssen nicht persönlich in der Klinik erscheinen. Gesucht werden noch Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen, die an Covid-19 erkrankt sind – egal ob mit oder ohne Magen-Darm-Beschwerden. (Thomas Neuhold, 4.1.2021)