Dem Aufstieg von Wirecard-Exchef Markus Braun folgte ein tiefer Fall.

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Wien – Markus Braun war ein gefragter Mann. Der langjährige Chef von Wirecard beriet die Deutsche Bank. Er saß ab 2017 im Board des unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eingerichteten Think Tank "Think Austria", war Experte für Digitalisierungsfragen.

Markus Braun war auch ein spendabler Mann. Den Neos überließ der gebürtige Wiener 2014 bis 2016 gemäß deren Rechenschaftsberichten 125.000 Euro, 2017 stellte er sich hinter Kurz und spendete der neuen türkisen ÖVP in zwei Tranchen 70.000 Euro für den Wahlkampf. Er war zurückhaltend, gesellschaftliche Events oder gar Seitenblicke mied er – was seiner Attraktivität aber keinen Abbruch tat, sondern sie, im Gegenteil, erhöhte. Markus Braun galt als interessanter, vermögender Unternehmer und Manager, mit dem man sich, wenn er denn einmal da war, umso freudiger schmückte.

Aufsteiger des Jahres

2018, als Wirecard in den deutschen Börsenleitindex Dax aufgenommen wurde und an der Börse 23 Milliarden Euro wert war, kürten ihn deutsches Handelsblatt und das österreichische Magazin Trend zum Aufsteiger des Jahres.

Bis im heurigen Juni der Skandal um das zwei Milliarden Euro große Bilanzloch des Zahlungsabwicklers aufbrach und Wirecard, an dem der heute 51-Jährige auch selbst beteiligt war, pleite ging. Kaum einer, der den Hietzinger Villenbesitzer heute, da er wegen Betrugsverdachts in Deutschland in U-Haft sitzt und sich mit Konkursanträgen konfrontiert sieht, noch kennen will. Kaum einer, der mit ihm in Zusammenhang gebracht werden will. Auch Österreichs Kanzler distanzierte sich flott vom Spender:Seit Gründung der türkis-grünen Regierung habe das Board von "Think Austria" noch gar nicht getagt, ließ man rasch wissen. Der Lack war ab.

Macht und Geld

Wie ein Magnet ziehen Aufstieg, Geld und Einfluss die Öffentlichkeit an und lassen Tapetentüren in die Politik und andere Machtzentren aufgehen – besonders in Österreich. Oft reichen für Höhenflüge auch selbstbewusstes Auftreten, Eigenmarketing und gute Presse, wie das Beispiel Finanzminister Karl-Heinz Grasser einst bewies.

All das kann freilich schnell vorbei sein, das belegen Beispiele wie jenes von Grasser oder Trend-Männern des Jahres (Atomic-Gründer Alois Rohrmoser oder Ernst Alexander Mayer, Gründer des Maschinenbauers Emco gingen bald nach ihrer medialen Ehrung pleite). Auch andre lässt man jahrelang hoch fliegen, bevor sie umso tiefer abstürzen.

Little Wirecard

So konnte aus dem burgenländischen Raiffeisenkassenbanker Martin Pucher in der von ihm gegründeten Commerzialbank Mattersburg ein "Regionalkaiser" werden; sein Absturz erfolgte wie jener des Markus Braun 2020. Während Wirecard rund 1,9 MilliardenEuro Bankguthaben bei philippinischen Instituten erfunden hatte, fehlten bei der Commerzialbank rund 430Millionen, die eigentlich bei österreichischen Großbanken liegen sollten.

Pucher und seine Vorstandskollegin erfanden Kredit- und andere Geschäfte von 688 Millionen Euro, wie sie gestanden haben. Drei Viertel der Bilanzsumme:Fake. Little Wirecard im Burgenland, unter den Augen von Aufsehern und Prüfern. Für alle hier Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Machtfaktor Fußball

Und warum war Pucher bis dahin ein Vor-Ort-Star gewesen, auch fürTeile von Burgenlands Politik? Sein Weg zum vielzitierten Regionalkaiser führte vor allem über den Fußball – und Bankchef Puchers ausgeprägte Sponsortätigkeit.

Die Commerzialbank sponserte den Bundesligisten SVMattersburg (SVM;Pucher war Vereinspräsident), unterstützte Sportler, die Handelsakademie vor Ort, ein Kindersportprojekt, einen Tennisplatz. Kunden bekamen Goldplättchen und Silberbarren geschenkt. Politiker und ein paar Notenbanker (sic) hielt Pucher mit VIP-Karten für Fußballmatches, auch bei der Euro 2008, geschmeidig, wie sich aus den "Geschenklisten" des Instituts erschließt. Die Mittel dafür kamen aus dem künstlich erzeugten Geldkreislauf der Commerzialbank.

Großinsolvenz Commerzialbank

Die ist inzwischen ein Fall für den Insolvenzverwalter und geht als drittgrößte Pleite in die Geschichte der Zweiten Republik ein.

Der Lack ist ab. (Renate Graber, 25.12.2020)