Ursula Wiedermann-Schmidt, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sprachen am Mittwoch über den Impfstart in Österreich.

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Wien – Eines steht in dieser Geschichte außer Frage: Eigentlich hätte die erste Corona-Impfung Österreichs in einem Wiener Pflegeheim stattfinden sollen. Warum das nicht passiert und die Med-Uni den Vorzug bekommt, ist schon weniger eindeutig – um nicht zu sagen: höchst umstritten.

Die Erzählung beginnt jedenfalls Ende vergangener Woche, als klar wird, dass Österreich die ersten Impfstoffdosen rund um Weihnachten erhalten wird. Im Gesundheitsministerium macht man sich auf die Suche nach einem passenden Ort, um den ersten Piks zu setzen.

Fündig wird man in Wien: in einem Pflegeheim, das schon so manchen Regierungsbesuch erhalten hat. Dort gäbe es die passenden Bewohner der Risikogruppe und erfahrenes Personal, um am 27. Dezember medienwirksam die erste Impfung durchzuführen.

Das Heim erkennt jedoch ein Problem, und hier beginnen die Erzählungen in unterschiedliche Richtungen abzuzweigen. Aus dem Umfeld der Wiener Landesregierung heißt es, dass das Heim selbst vorgeschlagen habe, den Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und Bürgermeister Michael Ludwig zum Medientermin der ersten Impfung miteinzuladen – immerhin sei man ein Wiener Heim. Die angebliche Reaktion darauf: die Absage durch das Kanzleramt. Das erzählt dem STANDARD auch ein kaufmännischer Leiter des betroffenen Pflegeheims.

Kanzleramt dementiert

Im Kanzleramt widerspricht man hingegen vehement. Dort heißt es, dass ein medizinischer Leiter des Pflegeheims für die Absage verantwortlich sei. Dieser habe behauptet, dass die Stadt Wien am 27. Dezember nur in Covid-19-Stationen, aber nicht in Pflegeheimen impfen wolle. Deshalb sei er dagegen, dass das Pflegeheim mitsamt dem Auftritt der Bundesregierung aus der Reihe ausschere.

Dass man sich gegen die geplante Impfung im Pflegeheim entschieden habe, weil dieses auch Wiener SPÖ-Politiker eingeladen habe, sei "die dezidierte Unwahrheit", heißt es durchaus emotional aus dem Kanzleramt. Allerdings hat die Stadt Wien nun angekündigt, am Nachmittag des 27. Dezembers im Pflegeheim Leopoldau in Floridsdorf zu impfen.

In den richtigen Händen

Landen wird der allererste Impfstoff nun jedenfalls im Institut der Impfexpertin Ursula Wiedermann-Schmidt, die der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie vorsitzt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) werden am Sonntag live mitverfolgen, wie Wiedermann-Schmidt und Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres fünf Risikopatienten im hohen Alter impfen werden.

Rekrutiert hat Wiedermann-Schmidt die ersten Empfänger der Corona-Impfung aus ihrem ersten eigenen Patientenstock; durchgeführt wird die Behandlung in Wiedermann-Schmidts Institut, das übrigens keine Kassenverträge hat.

Der Ort sei der falsche, die Person die richtige, merkt ein Insider aus dem Gesundheitsministerium an. Aus dem Streit zwischen der Stadt Wien und dem Bundeskanzleramt will sich das grüne Ministerium allerdings heraushalten.

"Zu viele Politsekretäre" seien in der Causa unterwegs, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Offiziell will sich Anschobers Ressort jedenfalls nicht äußern.

Die meisten anderen Bundesländer wollen jedenfalls am Sonntag nachziehen. Das Burgenland, Kärnten und Vorarlberg lassen sich hingegen Zeit. Sie hätten kommendes Wochenende auch nur sehr geringe Mengen des Impfstoffes bekommen – Kärnten beispielsweise nur zehn Impfdosen. Daher sei der Aufwand zu groß, hieß es zumindest aus dem Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

Kanzler Kurz hatte hingegen am Mittwochvormittag gemeint, jedem Bundesland stünden bis zu 975 Impfdosen zur Verfügung. "Die sind so verpackt, die kann man nicht einfach durchschneiden", sagte Kurz am Mittwoch. Klar ist also nur eines: Am Sonntag wird geimpft. (fsc, jan, 24.12.2020)