Shiffrin gewann vor zwei Jahren den Slalom, im Riesenslalom war Vlhova schneller.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Semmering – Auch 2020 klingt der Alpinski-Weltcup der Damen mit den üblichen zwei Technikrennen in Österreich aus. Lienz wechselt sich im Zwei-Jahres-Rhythmus mit dem Semmering ab, der Ort in Niederösterreich ist wieder an der Reihe. Am Montag steigt ein Riesenslalom, am Dienstagabend ein Slalom. Der "Zauberberg" feiert 25-jähriges Weltcup-Jubiläum, wegen Corona aber ohne Publikum und Rahmenprogramm.

Michaela Dorfmeister kennt die Besonderheiten der Panorama-Piste am Hirschenkogel: "Sie ist relativ kurz, man darf nichts verschlafen. Zudem muss man auf dem schmalen Hang sehr spritzig sein. Ganz oben braucht es spezielle Gleiterqualitäten, weil es so flach weg geht."

Shiffrin Favoritin

Am besten kam zuletzt Mikaela Shiffrin mit den speziellen Verhältnissen am Semmering zurecht. 2016 gewann die US-Amerikanerin alle drei Rennen, vor zwei Jahren den Slalom, nachdem sich Petra Vlhova im Riesentorlauf durchgesetzt hatte. Vor knapp zwei Wochen gelang Shiffrin zuletzt in Courchevel ein emotionaler Comebacksieg, der erste nach dem Tod ihres Vaters. Mit 67 Weltcupsiegen liegt sie nun gleichauf mit Marcel Hirscher, die erfolgreichste Semmering-Starterin (4 Siege) hat jetzt nur noch Landsfrau Lindsey Vonn (82) und Ingemar Stenmark (86) vor sich.

Auch für Dorfmeister sind Shiffrin und Vlhova zusammen mit den Italienerinnen sowie Tessa Worley (FRA) die Favoritinnen. Shiffrin profitierte bei ihrem jüngsten Sieg freilich von den Ausfällen der Weltcup-Führenden Vlhova sowie der zweifachen Saisonsiegerin und derzeit Schnellsten im RTL-Feld, Marta Bassino. Auch Federica Brignone lag in Courchevel schon auf dem Hosenboden, rettete aber noch Platz zwei. Sie habe auf der Reiteralm sehr gut trainiert, verlautete Shiffrin, die rund um den Jahreswechsel immer besonders stark fährt.

ÖSV-Aufwärtstrend

"Die Dichte der Siegläuferinnen ist sehr groß momentan. Deshalb müssen alle ans Limit gehen, was mir sehr gut gefällt", sagte Dorfmeister. Auch die ÖSV-Frauen hätten sie zuletzt beeindruckt. "Mir hat super gefallen, mit welchem Biss und Engagement sie in Frankreich aus dem Starthaus sind. Das brauchen sie am Semmering auch."

Das ist auch Stephanie Brunner und Katharina Liensberger bewusst. Vor zwei Jahren haben sie als jeweils Vierte den Sprung aufs Semmering-Podest nur knapp verpasst. Der letzte ÖSV-Semmering-Sieg (Anna Veith im RTL) sowie Podestplatz (Kathrin Zettel 2. im Slalom) stammen aus 2012. Österreichs Damen sind mit 93 Weltcupsiegen im RTL zwar immer noch die Nummer eins, aber seit Eva Maria Brems Triumph 2016 in Jasna in dieser Disziplin sieglos.

Liensberger und Brunner waren zuletzt aber vielversprechend unterwegs. "2016 habe ich bei diesem Heimrennen auf einem wunderschönen Hang meine ersten Weltcuppunkte gesammelt", hat Liensberger gute Semmering-Erinnerungen. Auch die Vorarlberger kennt die Geheimnisse des Hanges. "Speziell im Riesen gilt es, bis zu den ersten Toren kraftvoll Speed aufzubauen."

Nie steil

Brunner sagt: "Heimrennen sind auch ohne Fans immer besonders. Das ist hier aber auch der Hang, weil es extrem flach los geht. Man muss zudem bis zum letzten Tor richtig pushen, weil es nie wirklich steil ist."

Brunner ist nach drei Kreuzbandrissen innerhalb von 17 Monaten sowie langer Pause erst im Oktober zurückgekehrt, bisher verlief das Comeback aber sehr gut. Zuletzt in Courchevel war die 26-Jährige schon wieder Sechste. "Wenn ich wieder konstant gute Schwünge zeige, dann kommen die Ergebnisse von alleine", ist Brunner überzeugt. "Die letzten Trainings waren sehr gut und ich stehe mit mehr Selbstvertrauen am Ski."

Für den Regelbetrieb hat das Skigebiet Zäune aufgestellt, um den Mindestabstand zu gewährleisten.
Foto: SEMMERING-HIRSCHENKOGEL BERGBAHN

Maßnahmen für Weltcup

Am Semmering hat man indessen weitere Maßnahmen ergriffen, um die Rennen reibungslos über die Bühne zu bringen. So wird die Kabinenbahn am Hirschenkogel zu den Rennzeiten dem Weltcup exklusiv zur Verfügung stehen. Auch die Rodelbahn am Hirschenkogel ist in dieser Phase gesperrt. Publikumsskilauf findet in dieser Zeit am Westhang statt bzw. nur vor und nach den Rennen auch mit Gondelbahn. Am Dienstag kann diese von 8 bis 12 Uhr benutzt werden.

Im Vorfeld der Weltcupveranstaltung war der nur eine Autostunde von Wien entfernte Wintersport-Ort wenig überraschend von Tagesskifahrern, Rodlern und Spaziergängern "überrannt" worden. Mittlerweile hat man stark nachgebessert. "Es ist ein sehr großes Entgegenkommen von den Bergbahnen, dass wir die Bahn sowie die Piste nun für die beiden Rennen exklusiv bekommen. Jetzt sind da keine Touristen mehr drauf, das entzerrt viel", sagte Rupert Steger vom ÖSV-Eventmarketing.

Da keine Zuschauer erlaubt sind, wurden im Zielraum auch keine Tribünen aufgebaut. Lediglich ein Podest für die Reporterkabinen. Auch eine Video-Leinwand steht. Steger: "Von der Logistik her ist alles an Sölden angelehnt, nur eben viel kleiner." (APA, 27.12.2020)