2018 gewann Bryan Fogel mit seiner Netflix-Dokumentation "Icarus", Enthüllungen über den großen russischen Dopingskandal, einen Oscar. Von seiner gerade veröffentlichten Doku "The Dissident" über die Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul aber wollten weder der weltgrößte Streamingdienst Netflix noch Mitbewerber Amazon Prime etwas wissen.

"Diese globalen Medienkonzerne überlegen nicht mehr alleine: Wie wird das beim US-Publikum ankommen", erklärt das Fogel gerade der "New York Times". Sie fragten heute vielmehr: "Was passiert, wenn wir diesen Film in Ägypten herausbringen? Was passiert, wenn wir ihn in China, in Russland, in Pakistan, in Indien veröffentlichen? All diese Faktoren werden heute berücksichtigt, und das kommt Storys wie dieser in die Quere."

Fogel interviewte die Verlobte von Jamal Khashoggi, Hatice Cengiz, die 2018 vor dem Konsulat auf ihn wartete, während dieser drinnen ermordet wurde. Er zitiert aus einem 37-seitigen Transkript einer Aufnahme darüber, was in dem Raum passierte, in dem Khashoggi ermordet und anschließend zerstückelt wurde. Er sprach auch mit einer Reihe von türkischen Polizeibeamten.

Trailer zu "The Dissident".
Briarcliff Entertainment

"Dokumentarthriller von erschütternder Relevanz"

Als Netflix "Icarus" veröffentlichte, hatte der Streamingdienst noch rund 100 Millionen Abonnenten. Heute zählt er 195 Millionen Abos in praktisch aller Welt. Er habe "The Dissident" Netflix angeboten, aber keine Antwort erhalten. Netflix-Boss Reed Hastings sei zur Premiere des Films beim renommierten Sundance-Festival gekommen. Er habe "The Dissident" Netflix angeboten, aber keine Antwort erhalten, berichtet Fogel.

Laut "New York Times" war auch Amazon Prime Video nicht für den Film zu gewinnen. Amazon-Gründer und -Eigentümer Jeff Bezos gehört auch die "Washington Post", für die Khashoggi Kolumnen schrieb. Bis er am 2. Oktober 2018 das saudische Konsulat in Istanbul betrat, um Papiere abzuholen, und dort getötet wurde.

Auch Fox Searchlight und Neon waren laut "NYT" nicht für den Film zu gewinnen. Große US-Branchenmedien lobten Fogels Dokumentation als "Dokumentarthriller von erschütternder Relevanz" ("Variety") und "stark, tiefgehend, umfassend" ("Hollywood Reporter"). "The Dissident" ist nun zu Weihnachten in Kinos in den USA erschienen, ab Jänner soll er über einzelne Abrufdienste in den USA zu sehen sein. Den Vertrieb hat Briarcliff übernommen.

"Wir wollen unterhalten"

Vor zwei Jahren nahm Netflix eine Folge von Hasan Minhajs Satire "Patriot Act" über den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman wegen der Khashoggi-Ermordung aus dem Programm. Netflix-Boss Hastings erklärte das später, man fühle sich nicht für Wahrheit und Macht zuständig: "Wir wollen unterhalten."

Die "New York Times" verweist auf einen erst im November unterschriebenen Filmdeal mit dem saudischen Studio Telfaz 11. Vereinbart hat der Streamingdienst nach eigenen Worten Produktionen für "ein breites arabisches und globales Publikum". (red, 28.12.2020)