Hilfsorganisationen kritisieren, dass die griechische Regierung keine Strategie zur Integration der Geflüchteten habe.

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Athen – Die Flüchtlingsfrage sorgt in Griechenland auch abseits der katastrophalen Zustände in Lagern für Schlagzeilen. Der Beschluss der Regierung des konservativen Premiers Kyriakos Mitsotakis (Nea Dikomkratia, ND), dass als asylberechtigt anerkannte Migranten keinen Anspruch mehr auf von Hilfsorganisationen zur Verfügung gestellte Quartiere haben, hat viele Migranten in die Obdachlosigkeit getrieben. Mitten im Winter könnten davon laut Medien knapp 11.000 Personen betroffen sein.

Sie standen zuvor unter der Schutzaufsicht der Unterstützungsprogramme "Estia" und "Helios" und hatten daher in der Regel auch ein Dach über dem Kopf. Der Beschluss, dass sie als anerkannte Asylberechtigte künftig "auf eigenen Beinen" zu stehen haben, zwang viele von ihnen, ihre Unterkünfte zu verlassen. Manche davon sind nun mitten im Winter von Obdachlosigkeit betroffen. Laut der Regierung müssen sich anerkannte Flüchtlinge wie jeder griechische Bürger selbst um Unterhalt und Obdach kümmern.

Hürden für Asylberechtigte

Der Regierungsbeschluss führe meist direkt zur Obdachlosigkeit, da die Betroffenen nicht mehr in der Lage seien, ohne finanzielle Unterstützung ihr Leben zu meistern, hieß es jüngst in einem Protestbrief von 73 Hilfsorganisationen. Durch das Finanzprogramm "Helios", in dem fast 23.000 Flüchtlinge registriert wurden, bekamen beinahe 9.203 Flüchtlinge beispielsweise einen Mietzuschuss. Viele Flüchtlinge werden von "Helios" nun aber nicht oder nicht mehr unterstützt.

Die Asylberechtigten stünden vor vielen Problemen, warnten die Hilfsorganisationen. Viele hätten aufgrund bürokratischer und sprachlicher Hindernisse oder diskriminierender Bestimmungen keine Chance, eine Arbeit zu bekommen oder eine Unterkunft zu mieten. Selbst wenn sie es sich leisten könnten, scheiterten sie oft daran, dass sie etwa über keine Sozialversicherungs- oder Steuerregistrierungsnummer verfügen beziehungsweise kein Bankkonto eröffnen dürfen.

Besonders Schutzbedürftige

Bei den Betroffenen handelt es sich laut den Hilfsorganisationen teilweise um besonders schutzbedürftige oder traumatisierte Personen, etwa Opfer von sexueller Gewalt oder Folter, Menschen mit gesundheitlichen Problemen, einschließlich psychischer Probleme oder Behinderungen. Auch viele alleinstehende und alleinerziehende Frauen seien darunter.

Außerdem würden es aktuell durch die Corona-Pandemie bedingte Beschränkungen den Menschen schwermachen, ihnen zustehende Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Manche seien auch von Nahrungsmittelausgaben ausgeschlossen und daher von Hunger bedroht, kritisierten die Hilfsorganisationen. Sie warfen der Regierung vor, keinerlei Strategie für die Integration von als asylberechtigt anerkannten Flüchtlingen zu haben. (APA, 28.12.2020)