Der Neos-Gemeinderat Ismail Uygur wollte wissen, wie viele Corona-Infektionen in Salzburg auf Reiserückkehrer zurückzuführen seien.

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Manchmal reicht eine ganz simple Anfrage, um das parteiinterne Wording, um die bis in die untersten Ränge reichende ÖVP-interne Message-Control zu entlarven. So wollte der junge Salzburger Neos-Gemeinderat Ismail Uygur am 7. Dezember von Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) in einer schriftlichen Anfrage wissen, wie viele Neuinfektionen mit Covid-19 in der Stadt Salzburg auf Reiserückkehrer zurückzuführen seien.

Uygur bezog sich in seiner Anfrage ausdrücklich auf die Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der Anfang Dezember sowohl in einer Pressekonferenz als auch in der abendlichen "ZiB 2" betont hatte, dass durch Reiserückkehrer und insbesondere durch Menschen, die in ihren Herkunftsländern den Sommer verbracht hatten, Ansteckungen wieder ins Land eingeschleppt worden seien.

Preuner übernimmt Kurz-Linie

Preuners Antwort folgte prompt. Bereits zwei Tage später ließ er Uygur am 9. Dezember wissen, dass die Anfrage "unstatthaft" sei, da diese Angelegenheiten übertragene Wirkungsbereiche der Bundesverwaltung wie die Covid-Maßnahmengesetze beträfen und die Anfrage somit nicht von der Gemeinderatsgeschäftsordnung gedeckt sei.

Dieser Belehrung für den jungen Neos-Gemeinderat stellte Preuner freilich doch eine Antwort voraus: Die Aussage des Bundeskanzlers würde sich "genau mit unseren Erfahrungen und Warnungen aus dem vergangenen Sommer" decken. "Insofern kann diese Aussage vom Erfahrungsstand der Stadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde bestätigt werden."

Nur 192 Fälle landesweit

Die von Preuner ungeschaut übernommene Kurz-Version vom eingeschleppten Virus hat mit der Realität freilich wenig zu tun. Die ressortzuständige Landesrätin Andrea Klambauer (für die Neos in der türkis-grün-pinken Landeskoalition) hat schon unmittelbar nach den Kurz-Anschuldigungen gegen die Reiserückkehrer die Zahlen für das Land Salzburg auf Twitter veröffentlicht. Laut Klambauer waren seit der Kalenderwoche 30 (ab 21. Juli) weniger als ein Prozent der Fälle auf Reiserückkehrer zurückzuführen; unter diesen 192 Fällen seien Strandurlauber ebenso wie Grenzgänger und Sportmannschaften. Der "Westbalkan" liege mit 27 Fällen im Promillebereich.

Selbst wenn man diese Zahlen für die Stadt Salzburg, in der rund 28 Prozent der gesamten Landesbevölkerung leben, negativ herunterrechnet, blieben für die Stadt kaum mehr als 60 bis 70 Fälle an Covid-19-Infektionen von Reiserückkehrern (und lediglich neun Fälle vom Westbalkan) über.

"Feige und unwürdig"

Zumindest für die Stadt Salzburg könnten die Aussagen von Kurz "überhaupt nicht stimmen", sagt Uygur. Aber Preuner stelle sich nicht schützend vor die Bürger der Stadt (und somit auch nicht vor jene Menschen, die ihren Urlaub bei ihren Familien und Verwandten auf dem Westbalkan verbracht haben). Preuner entpuppe sich als "braver türkiser Parteisoldat und stellt, wider besseres Wissens, einfach falsche Tatsachenbehauptungen über Reiserückkehrer in den Raum. Das ist feige und eines Bürgermeisters absolut unwürdig." (Thomas Neuhold, 29.12.2020)