Helmut Brandstätter war lange Chefredakteur und Herausgeber des "Kurier" und wechselte mit einer Buch-Abrechnung über Interventionen von ÖVP und FPÖ 2019 zu den Neos. Davor war er Journalist und "Report"-Chef im ORF, danach Geschäftsführer des deutschen Nachrichtensenders N-TV und Geschäftsführer seiner Kommunikationsagentur.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER Illustration: Armin Karner

Helmut Brandstätter (Neos-Abgeordneter im Nationalrat, davor "Kurier"-Herausgeber) im Etat-Fragebogen 2021

Was erwarten Sie von 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? derStandard.at/Etat hat Medienmanagerinnen und -manager, Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten. Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir in diesen Tagen.

"Der Druck wird brutaler"

Die Prognosen von Helmut Brandstätter für Österreichs Medien 2021:

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen über Entwicklungen, Herausforderungen etc.!

"Der ökonomische Druck auf die klassischen Medien nimmt weiter zu, und der Druck der Regierung auf die Medien ebenso. Das wird durch die 45 Millionen Euro, die die Regierung für Werbung ausgeben will, alles noch schlimmer.

Dass gewisse Medien bevorzugt werden, ist auch nichts Neues.

Im ORF wird die ÖVP danach entscheiden, was ihr nützt. Das ist aber auch nichts Neues."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen)!

"Ich kann nur auf die Grünen hoffen. Sie müssen endlich begreifen, dass von den Millionen der Regierung nur die ÖVP profitiert – 97 zu 3 Prozent, wie gute Rechner ermittelt haben."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) nicht passieren? Bitte verraten Sie uns Ihre Befürchtungen (und warum Sie das befürchten)?

"Der Druck wird brutaler. Ich hoffe aber noch immer auf Journalistinnen und Journalisten, die das endlich öffentlich machen. Vor allem die Qualitätsmedien müssen begreifen, dass hier Langzeitfolgen entstehen – oder schon entstanden sind –, die gefährlich für die Demokratie sind."

Wie werden sich Covid-19, die Pandemie und die Maßnahmen dagegen auf die Medienbranche auswirken – 2021 und, wenn Sie das erwarten, auch in den Jahren danach?

"Das haben wir ja erlebt – Millionen für die Regierung, die sie nach Gusto verteilt."

"Wie wäre es mit einer internationalen Ausschreibung" für den ORF?

Brandstätters weitere Prognosen zu unseren Detailfragen:

  • "Wie wäre es mit einer internationalen Ausschreibung und einem öffentlichen Hearing? Man wird ja noch träumen dürfen", schreibt Brandstätter zur Bestellung der ORF-Führung im Sommer 2021. Für das Direktorium empfiehlt er "diejenigen, die gute Konzepte haben – ich weiß, ein süßer Traum".
  • Brandstätter hofft auf eine neue Struktur von ORF-Führung/ORF-Stiftungsrat. Seine Wünsche dazu: "Unabhängiger Stiftungsrat, öffentliche Ausschreibungen, keine Parteien im ORF, jede Intervention muss öffentlich gemacht werden."
  • Eine Digitalnovelle mit Erleichterungen für den ORF vor Sommer 2021 kommentiert er mit "bitte nicht". Wenn sie kommt, würden die übrigen Medien zum Ausgleich "ein bisschen Geld, gezielt verteilt nach der üblichen Methode," bekommen.
  • Brandstätter rechnet mit einer Haushaltsabgabe unabhängig vom Empfang oder GIS-Pflicht auch für Streaming. Eine Gebührenerhöhung – der Antrag steht im Herbst 2021 an – lehnt er ab.
  • Eine weitere Corona-Sondermedienförderung lehnt Brandstätter ab. Er befürwortet Qualitätskriterien und Teilnahme am Presserat als Bedingungen für Medienförderungen und Inserate öffentlicher Stellen.
  • Österreich werde in der internationalen Rangliste der Pressefreiheit weiter zurückfallen, erwartet Brandstätter, "weil der Druck größer wird und die Kanzlertruppe damit durchkommt".
  • Der journalistische Arbeitsmarkt werde sich 2021 "leider nicht so gut" entwickeln.

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 29.12.2020)