Wünscht sich mehr Religion in der Gesellschaft und mehr Tradition in der Kirche: Pater Stefan Frey.

Foto: Conrad Seidl

St. Pölten – Es ist eine eigene Welt, in der Pater Stefan Frey lebt: Das ehemalige Jagdschloss Jaidhof im Waldviertel, urkundlich erstmals im Jahr 1381 erwähnt, erhielt sein heutiges Erscheinungsbild im späten 19. Jahrhundert. Es ist der Distriktssitz der Priesterbruderschaft St. Pius X. für alle Länder der ehemaligen Donaumonarchie.

Als Distriktsoberer verspürt Frey gerade in der Corona-Krise starken Zulauf zu der von der Piusbruderschaft vertretenen konservativen Glaubenspraxis: "Das sind Junge, Alte, Geschäftsleute, die plötzlich von der Zukunftspanik gepackt werden." Die Ergebnisse der STANDARD-Weihnachtsumfrage, der zufolge nur vier Prozent der Bevölkerung in der Corona-Krise mehr beten als früher oder mit einem Priester reden wollen, sieht der konservative Geistliche in seinem Wirkungsbereich nicht bestätigt.

"Wir waren in den letzten Monaten überbeschäftigt, weil die Menschen das Gespräch suchen, beichten wollen. Viele konnten in anderen Kirchen nicht beichten und haben dann den Tipp bekommen, dass sie es doch bei uns versuchen sollen", erzählt der Priester, "wir haben die Beichtstühle durch Beichtzimmer ersetzt, wo immer zwei Meter Abstand gewährleistet sind."

Auch an der Praxis der Mundkommunion – die Hostie, mit der der gläubige Katholik den Leib Christi in sich aufnimmt, wird vom Priester unmittelbar auf die Zunge gelegt – werde festgehalten. Eine Infektionsgefahr sieht Frey darin nicht: In Jahrzehnten als Priester habe er "kaum je" mit seinen Fingern die Zunge eines Kommunionsempfängers berührt. Dass es im Priesterseminar der traditionalistischen Bruderschaft im bayerischen Zaitzkofen einen Corona-Ausbruch gegeben hat, habe damit nichts zu tun.

Es sind die alten, mit der Liturgiereform von 1969 abgeschafften Rituale, die Frey, die der gesamten Priesterbruderschaft und die ihrer wachsenden Gefolgschaft wichtig sind – unter anderem derentwegen ist die Bruderschaft 1970 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet worden. 1975 war der Bruderschaft die kirchenrechtliche Zulassung entzogen worden, nach der Weihe von vier Bischöfen durch Lefebvre im Jahr 1988 wurden alle fünf exkommuniziert.

Schon Papst Benedikt XVI. ließ ab 2007 die Tridentinische Messe in lateinischer Sprache wieder zu, 2009 hob er die Exkommunikationen wieder auf. Unter Franziskus sehen die Piusbrüder weitere Annäherungen. Frey hofft auch auf eine Ausstrahlung des konservativen Christentums in die Gesellschaft. Dass das Gebet, das am 8. Dezember im Parlament stattgefunden hat, so viel negative Reaktionen ausgelöst hat, kann er nicht nachvollziehen: "Wir sagen, dass auch das öffentliche Leben zur Schöpfung Gottes gehört und somit vom Schöpfer und dessen Beistand abhängig ist. Der Mensch ist nicht fähig, seine Begehrlichkeiten zu zügeln, wenn er nicht in der Religion und in Gott verankert ist." (Conrad Seidl, 29.12.2020)