Eine Blume in einem Einschussloch im Tatort-Bereich des Terroranschlags in der Seitenstettengasse in der Wiener Innenstadt, aufgenommen am Donnerstag, 5. November 2020.

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Wenige Tage nach dem islamistischen Terroranschlag in der Wiener Innenstadt kündigte die Bundesregierung an, mit gesetzlichen Maßnahmen auf das Attentat reagieren zu wollen. Und das ging schnell: Der erste Teil des Antiterrorpakets befindet sich nun in Begutachtung, darin enthalten sind Maßnahmen zur Prävention ebenso wie Verschärfungen und ein neuer Straftatbestand.

Ein interessantes Detail steckt im Bereich der bedingten Haftentlassung terroristischer Straftäter: Zum einen soll es vor einer solchen sogenannte "Entlassungskonferenzen" geben, bei denen Sicherheitsbehörden, Bewährungshilfe und Deradikalisierungsexperten eine Entscheidungsgrundlage für die Gerichte liefern sollen.

Überwachung mit Einschränkung

Zum anderen soll bei einem bedingt entlassenen Terror-Straftäter künftig eine elektronische Überwachung von Weisungen angeordnet werden können – mit einem "angemessenen technischen Mittel". Wiewohl es hier gewichtige Einschränkungen gibt: Der Betroffene muss dieser selbst zustimmen, und in den eigenen Wohnräumen wird sie nicht angewandt. Kontrolliert werden könnte dadurch zum Beispiel, ob der Entlassene bestimmte Weisungen beachtet – etwa ob er bestimmte Orte wie radikale Moscheen wie angeordnet meidet.

Mit der Durchführung dieser Überwachung soll das Gericht die Sicherheitsbehörden beauftragen. Denn bei der Überwachung von bedingt Entlassenen sei man eben nicht mehr zuständig, heißt es aus dem Justizministerium – im Gegensatz zur Fußfessel als elektronisch überwachter Hausarrest als Teil der Haft. Diese liegt beim Strafvollzug; Leiter von Justizanstalten entscheiden darüber.

"Neue Qualität"

Wie die neuen Pläne konkret umgesetzt werden sollen, ist noch nicht klar. Diese werden derzeit erarbeitet und stehen momentan noch nicht endgültig fest, heißt es aus dem Innenministerium.

Experten befürchten jedoch die Etablierung einer neuen Form der Überwachung. Schon jetzt gibt es die Möglichkeit im Rahmen der gerichtlichen Aufsicht Weisungen zu erteilen, etwa bestimmte Örtlichkeiten zu meiden. Die Polizei kann auch beauftragt werden, Kontrollen vorzunehmen.

Aber die elektronische Überwachung sei eine "neue Qualität des Dateneingriffs, eine neue Intensität des Grundrechtseingriffs", gibt Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer zu Bedenken. "Die neue Möglichkeit, die zur Überwachung von Weisungen geschaffen werden soll, hat nichts mit der bisherigen Regelung in puncto Fußfessel zu tun." Diese sei ein "viel lockerer Grundrechtseingriff", da der Schwerpunkt nicht auf der Überwachung liege – auch, wenn man schon jetzt per GPS orten könne. Denn dort gehe es um ein Kombinationskonzept im Zusammenhang mit Sozialarbeit. Auch Sicherheitsexperte Reinhard Kreissl ist skeptisch: Die Möglichkeit, jemanden lückenlos zu überwachen, sei schwierig: "Ich halte das für übertrieben."

Man schaffe dadurch eine neue Form der elektronischen Überwachung, meint Birklbauer. Wenn man die Möglichkeiten jetzt schaffe, dann sei der nächste Schritt "vermutlich der Einsatz im Bereich der Sicherheitspolizei und damit eine schleichende stärkere Überwachung". (Vanessa Gaigg, 30.12.2020)