Manfred Klimek, Autor bei "Welt" und "Welt am Sonntag" mit einer langen Geschichte in der österreichischen und internationalen Medienbranche als Fotograf, Artdirector, Autor und auch einer der Etat-Poster unter dem legendären Pseudonym Terence Lennox, findet im Etat-Fragebogen gewohnt deutliche Worte für seine Prognosen.

Manfred Klimek schaut – scharf wie gewohnt – ins Jahr 2021.
Foto: David Gölles

Die Etat-Prognose

Was erwarten Sie 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? derStandard.at/Etat hat Medienmanagerinnen und -manager, Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten. Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir in diesen Tagen.

Hier die Prognosen von "Welt"-Autor Manfred Klimek für 2021:

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen über Entwicklungen, Herausforderungen etc.!

"Österreich: 'News' wird eingestellt, Servus TV eventuell auch.

Die Tageszeitungen denken mehr noch über die Einstellung ihrer Montag-bis-Donnerstag-Ausgaben nach (wird aber 2021 nicht geschehen).

Die traditionellen Brands werden aber im Onlinebereich gestärkt, alternative Onlinemedien entstehen nur mehr auf rechtsextremer, antidemokratischer Seite – was gefährlich bleibt."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen)!

"Nur ein Thema: vom Erziehungsjournalismus abgehen und wieder, durchaus als Erzählung, mehr nüchtern die Fakten berichten und die Leser gewichten lassen. Lässt man das die Leser tun, schwenken sie, wie in den 1960er- und 1970er-Jahren, eher nach links und liberal. Der Erziehungsjournalismus hat die Lügenpresse-Rufer geboren. Und auch die alternativen Medien."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) nicht passieren? Bitte verraten Sie uns Ihre Befürchtungen (und warum Sie das befürchten)?

"Das Weiterführen des Erziehungsjournalismus."

Wie werden sich Covid-19, die Pandemie und die Maßnahmen dagegen auf die Medienbranche auswirken – 2021 und, wenn Sie das erwarten, auch in den Jahren danach?

"Das kann man nicht vorhersehen. Jetzt nicht, im Frühjahr 2021 vielleicht doch."

"Mateschitz wurde mit all seinen Möglichkeiten nie ein Berlusconi Österreichs"

Weitere Prognosen Klimeks zu unseren Detailfragen im Überblick:

  • Eine Wiederwahl von Alexander Wrabetz zum ORF-General "sollte" kommen, findet Klimek. Bis Ende der nächsten Funktionsperiode (regulär 2026) rechnet er mit einer neuen Struktur für ORF-Führung und -Aufsicht.
  • Kommen "sollte" nach Ansicht Klimeks die für 2021 geplante Digitalmedienförderung.
  • Ebenso "sollten" Qualitätskriterien und Teilnahme an Branchen-Selbstkontrollorganen Bedingungen für Medienförderung und öffentliche Inserate werden.
  • "Bitte nicht", sagt Klimek zu einer Beendigung des jahrzehntelangen Gesellschafterstreits um die "Krone" zwischen Familie Dichand und Funke-Gruppe/René Benko 2021. Sein harscher Befund dazu: "Es sind Eitelkeiten. Und da kann nichts Vernünftiges bei rauskommen. Außerdem ist der intellektuelle und gesellschaftliche* Horizont der Dichands, nun ja, beschränkt."
  • Wie geht es nach Klimeks Befund in der Medienwelt von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz weiter? Klimek spekuliert über die Einstellung von Servus TV (für das Red Bull aber gerade für viele Millionen Sportrechte wie Champions League, Europa League und Formel 1 erworben hat und das seine Marktanteile 2020 deutlich weiter steigern konnte). Und er prognostiziert: "Pragmaticus", Mateschitz' neues Medienprojekt, "lebt so lange, bis DM eines Morgens aufwacht, einen Grant kriegt und es einstellt. Das ist das Problem oligarchengeführter Häuser – einer alleine hat das Sagen. Zu Mateschitz' Gunsten muss man sagen, dass er mit all seinen Möglichkeiten nie ein Berlusconi Österreichs wurde. Und auch nicht werden wollte."
  • Der "Welt"-Autor rechnet mit einer leichten Verbesserung Österreichs in der Weltrangliste der Pressefreiheit von Platz 18 auf 15.
  • Der Arbeitsmarkt für Journalistinnen und Journalistinnen werde sich 2021 "natürlich schlecht" entwickeln.
  • Zu Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten schreibt Klimek: "Eine ganze Schicht Personen ist für Qualitätsmedien für immer verloren. Grund dafür war die Berichterstattung zur Flüchtlingskrise 2015, die jede vorsichtige Stimme zum Nazi machte. Als es dann tatsächlich eine erhöhte Vergewaltigungs- und Mordrate gab, wurde versucht, diese zu relativieren. Das hat einen Untergang eingeleitet, der schwer aufzuhalten sein wird."

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 30.12.2020)