Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Präsidenten des Verfassungsgerichts wegen des Verdachts der Zeugenbeeinflussung für zwei Monate suspendiert.

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Kiew – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Präsidenten des Verfassungsgerichts wegen des Verdachts der Zeugenbeeinflussung für zwei Monate suspendiert. Er tue dies, "um die Gerechtigkeit wiederherzustellen und die Verfassungskrise zu lösen", erklärte Selenskyj am Dienstag. Oleksandr Tupytsky wird nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft verdächtigt, einen Zeugen durch Bestechung beeinflusst zu haben.

Der Verfassungsgerichtspräsident wollte laut Staatsanwaltschaft erreichen, dass ein Zeuge in einem Strafverfahren seine Aussage zurückzieht oder falsch aussagt. Eine Vorladung zu einer polizeilichen Befragung ignorierte Tupytsky am Montag. Daraufhin ersuchte die Staatsanwaltschaft Selenskyj, den Verfassungsrichter für zwei Monate zu suspendieren.

Verfassungswidrig

Das Verfassungsgericht lehnte dies als verfassungswidrig ab. Demnach kann ein Verfassungsrichter nur seines Amtes enthoben werden, wenn eine Mehrheit der Richter am Verfassungsgericht dies unterstützt. Zeugenbeeinflussung kann in der Ukraine mit bis zu sechs Jahren Haft bestraft werden.

Der Fall verdeutlicht das Ausmaß der Krise, in dem sich die Justiz in der Ukraine befindet. Ende Oktober hatte das Verfassungsgericht eine Reihe von Anti-Korruptionsgesetzen aufheben wollen. Die Entscheidung wurde von Präsident Selenskyj als "Bedrohung für die nationale Sicherheit" kritisiert. Das ukrainische Parlament stimmte Anfang Dezember für die Wiedereinführung eines der aufgehobenen Gesetze. (APA/AFP, 29.12.2020)