Die Silvesterfeiern werden heuer ebenso anders ausfallen wie der Rest des Jahres. Aber viele Junge wollen nicht auf die Party verzichten – DER STANDARD hat sie gefragt, warum.

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Die Sorge der Regierung vor Feiern zum Jahreswechsel ist berechtigt, zeigen Gespräche mit jungen Menschen. Diese geben eine Vielzahl von Gründen dafür an, warum sie die Lockdown-Regeln am 31. Dezember brechen werden: Einige verweisen auf das "Hin und Her" bei den Maßnahmen; andere sehen nicht ein, warum massenhaftes Skifahren erlaubt sein soll, eine kleine Runde mit Freunden aber nicht. Alle geben an, vorsichtig zu sein – und keine Angst vor der Polizei zu haben. DER STANDARD hat die Befragten anonymisiert.

Alex, 21: "Massen im Westen bei überfüllten Skiliften"

Wir treffen uns zu sechst, um in Gesellschaft Drogen zu nehmen und Konversation zu betreiben. Der Lockdown ist grundsätzlich wichtig und richtig, aber man muss für das eigene Gewissen eine Abwägung treffen und den eigenen sozialen Bedürfnissen auch irgendwie nachkommen. Es kommt mir so vor, als wäre der Schaden, den ich durch ein Treffen in der Dimension verursachen kann, fast vernachlässigbar gegenüber dem, den die Massen im Westen bei überfüllten Skiliften und Pisten verursachen. Wenn man mitbekommt, dass das von der Regierung toleriert und gefördert wird, während im März noch die Bundesgärten in Wien geschlossen wurden, ist meine Motivation, mich strikt an die Maßnahmen zu halten, auch nicht mehr so hoch.

Tina, 23: "Sehen lieber Freunde als Familie"

Ich gehe zu einer Freundin. Wir sind ungefähr zehn Leute, also wie bei den Weihnachtsregeln. Ich sehe nicht ein, warum Weihnachten erlaubt war, Silvester aber nicht. Die Leute in unserem Alter sehen lieber ihre Freunde als ihre Familie, das hat das Jung- und Frisch-emanzipiert-Sein an sich! Die Kommunikation der Regierung nimmt das Vertrauen, weil alles immer so kurzfristig und ohne Transparenz gesagt wird – und die Skigebiete sehen aus wie Ameisenhaufen. Ich habe jedenfalls keine Angst vor der Polizei, wir sind in einem privaten Wohnhaus.

Robert, 24: "Mich zipft das Hin und Her an"

Ich bin bei einer kleinen Party eines Kumpels eingeladen: essen, trinken, Spiele spielen. Wir sind acht bis zehn Personen. Ich feiere gerne, für mich waren die Maßnahmen teilweise sehr unangenehm. Prinzipiell verstehe ich sie aber vollkommen. Was mich anzipft, ist das ewige Hin und Her. Dass ich monatelang kein Bier mit Freunden trinken kann, damit sich die ganzen Shopaholics gegenseitig anstecken, sehe ich nicht ein. Ich war schon bei einer kleinen Privatparty im zweiten Lockdown, die von der Polizei gesprengt wurde, die haben uns ohne Anzeige davongelassen, weil wir kooperiert haben.

Tobi, 21: "Wenn Kieberer klopfen, verstecken wir uns"

Ich nehme an, dass weniger als 20 Leute zur Feier kommen werden. Meine Uni macht nur E-Learning, also kann es uns egal sein, wir können niemanden anstecken. Kieberer dürfen ja die Wohnung nicht kontrollieren. Wenn sie klopfen, verstecken wir uns alle, und fertig.

Andreas, 26: "Alleinsein gräbt Depressionen hoch"

Ich verstehe die Maßnahmen zwar, allerdings gräbt das Alleinsein meine Depressionen ziemlich hoch. Ich finde es eine absolute Frechheit, dass Skigebiete offen haben, obwohl man nicht einmal mehrere Freunde besuchen darf.

Anna, 21: "Schadet Gesundheit nicht so, wie es Psyche nutzt"

Mein Freund veranstaltet eine kleine Zusammenkunft mit etwa acht Gästen, um dieses furchtbare Jahr endlich abzuschließen. Silvester mit Freunden ist eine Tradition. Wir sind frisch getestet und würden auch einen Test organisieren. Dieses Jahr ist für jeden von uns zehrend gewesen, und in unserem Alter sind soziale Kontakte essenziell. Ich glaube, eine kleine Zusammenkunft schadet unserer Gesundheit nicht so, wie sie unserer Psyche nutzt. Ich verstehe die Schwierigkeiten, vor denen die Regierung steht, aber die fehlende Bereitschaft, Fehler einzugestehen, ist fatal. Außerdem ist es einfach schwer zu entscheiden, welchem Medium man vertrauen kann, weil sich Quellen "widersprechen" und Grund zu zweifeln geben.

Tristan, 24: "Wer sich krank fühlt, kommt nicht"

Ich veranstalte eine Party und habe mir vorgenommen, nicht über zehn Teilnehmer zu gehen. Kein Gast darf jemanden mitnehmen. Für mich persönlich ist Silvester der wichtigste Feiertag im Jahr. Die Leute, die zu meiner Feier kommen, sind sich der Umstände ja bewusst. Es gibt junge Leute, die den Kontakt zu ihren Eltern und anderen Risikogruppen in den Tagen darauf möglichst gering halten werden. Wegen Weihnachten sind eh viele getestet. Wer sich krank fühlt, kommt nicht. Das größte Risiko ist die Polizei, aber ich weiß, dass wir die ganze Situation nicht blind und dumm angehen.

Sarah, 23: "Will mir nicht vorstellen, Silvester alleine verbringen zu müssen"

Ich kann die ganzen Maßnahmen nicht mehr nachvollziehen – ohne das Virus verharmlosen zu wollen! Skigebiete sind geöffnet und gut besucht, auf die Maskenpflicht in diversen Arbeitsbereichen wird allzu häufig gerne verzichtet, aber es ist verboten, eine Handvoll Freunde zu sehen? Ich will mir nicht vorstellen, Silvester in diesem Corona-Jahr auch noch alleine zu Hause verbringen zu müssen.

Lars, 24: "Mir fehlt die Verhältnismäßigkeit"

Wir machen bei mir zu neunt eine kleine Homeparty. Es gibt eine Beerpong, Punsch, Cocktails, und zu Mitternacht gehen wir auf die Dachterrasse Feuerwerk schauen – falls jemand schießt. Prinzipiell finde ich die Maßnahmen okay, aber mir fehlt das ganze Jahr schon die Verhältnismäßigkeit – Stichwort Skilifte öffnen. Angst vor der Polizei habe ich keine, manche meiner Gäste schon. Aber wir werden niemandem einen Grund geben, die Polizei zu rufen, und wenn, darf sie eh nicht in die Wohnung. (Muzayen Al-Youssef, Fabian Schmid, 31.12.2020)