Systemerhalterinnen sind in der Reinigung und im Supermarkt, in der Schule und in der Pflege.
Foto: Philipp Lipiarski

Punkt 18 Uhr hörte man im März 2020 Musik erklingen, dazu Klatschen, vielleicht ein Saxofon oder einen dröhnenden Bass. Man ging vorbei an dem einen Haus, wo eine Frau Gitarre spielte, während der Nachbar in der Wohnung darunter jeden Abend am Fenster stand und lauschte. Und man hörte in Pressekonferenzen warme Dankesworte, ausgesprochen von Männern in Anzügen, gerichtet an fleißige Systemerhalterinnen.

Nun wird nicht einmal mehr geklatscht. Die Systemerhalterinnen sind wieder das, was sie immer waren: (billige) Arbeitskräfte, die man halt braucht.

Damit, wer genau sie sind, haben sich die Arbeiterkammer und das Forschungsinstitut Sora auseinandergesetzt. Sie definierten elf Berufe, darunter medizinisches Personal, Feuerwehrleute und Reinigungskräfte, und analysierten diese. Eine Million Menschen sind in Österreich in diesen Branchen tätig, davon 65 Prozent weiblich. Besonders viele Frauen arbeiten in Kindergärten und Supermärkten. Systemerhalterinnen sind außerdem meist älter: Der Altersschnitt bei Reinigungskräften liegt bei 45, in der Altenpflege bei 44 Jahren.

Vor allem aber verdienen sie schlecht. Weiblich dominierte Jobs sind oft Teilzeitjobs. Doch selbst wenn man den Teilzeitfaktor herausgerechnet, bekommt ein Lehrer immer noch um 200 Euro mehr als eine Lehrerin.

Systemarbeit ist dazu sehr anstrengend: Sie findet oft zu Randzeiten statt, dann, wenn die Bürostühle leer sind, damit darunter gesaugt werden kann, und die Waren erst ins Regal geschlichtet werden müssen, bevor sie gekauft werden. Die Belastung in den meisten systemerhaltenden Jobs – auch in den angesehenen, etwa in der Medizin – ist enorm, physisch wie psychisch.

Wie gut also, dass die Pandemie das ins Scheinwerferlicht rückte. Nur: Aus dem angekündigten Corona-Tausender wurde nichts – übrig blieb ein einmaliger Pflegebonus, der nur in Teilen Österreichs ausgezahlt wurde. Dazu kamen ein Bonus für 24-Stunden-Betreuerinnen, die nicht mehr nach Hause konnten, und Almosen, die einzelne Handelsketten auf Mitarbeiterkarten buchten.

Was also tun? Lauter klatschen? Den Systemerhalterinnen ein Denkmal bauen, einen Feiertag einführen?

Es ist Zeit, am System zu schrauben, die Lohn- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Und die Wertschätzung beizubehalten. Denn dieses Land stünde still, gäbe es keine Systemerhalterinnen. Auch ohne Pandemie. (Gabriele Scherndl, 31.12.2020)