Die Polizei hat auch im neuen Jahr alle Hände voll zu tun.

Foto: APA/LUKAS HUTER

Wien – In der sonst recht ruhigen Silvesternacht ging es in Wien-Favoriten wild zu: Nachdem es zu etlichen Sachbeschädigungen durch pyrotechnische Gegenstände in der Gegend um den Reumannplatz gekommen war, rückte die Polizei zu einem Großeinsatz aus. Der Mob beschoss Beamte mit Raketen bzw. Böllern, es kam zu zahlreichen vorübergehenden Festnahmen. Zahlreiche "Allahu Akbar"-Rufe sollen zu hören gewesen sein.

Wie die APA erfuhr, wurden auch brennende Gegenstände in Richtung der Polizisten geschleudert. Die pyrotechnischen Gegenstände, die auch gegen die Beamten eingesetzt wurden, sollen die doppelte Sprengkraft einer scharfen Handgranate gehabt haben. Auch ein eintreffender Funkwagen wurde mit Pyrotechnik unter Beschuss genommen, ein Christbaum wurde mit brennbarer Flüssigkeit übergossen.

Flucht vor Polizei

Die Täter ergriffen die Flucht, mit dem Ruf "Police, Police!" (so ein Zeuge) hätten sich die Gruppen beim Eintreffen der Exekutive gewarnt. Zwei Verdächtige, ein 16-jähriger und ein 21-jähriger Syrer, wurden aber in einem Haus angehalten. In einer in dem Gebäude befindlichen Wohnung traf die Polizei weitere Personen an, die an den Randalen beteiligt gewesen seien sollen – zwei Österreicherinnen (14 und 15), zwei Iraker (20 und 22) und drei Syrer (23, 27 und 29 Jahre alt).

Der 21-Jährige soll im Zuge der Vorfälle mit einem zu einem Rammbock umfunktionierten Mistkübel einen Einbruch bei einem Juwelier versucht haben. Im Gegensatz zu den anderen Verdächtigen blieb er in Polizeigewahrsam.

Die Sachschäden dürften hoch sein. Es gingen zahlreiche Scheiben zu Bruch, Mistkübel, Zeitungsständer, Bänke und Kaugummiautomaten wurden gesprengt. Der Mob soll aus zahlreichen Personen mit großteils Migrationshintergrund bestanden haben.

Pürstl: "Kein Verständnis"

"Durch das konsequente Einschreiten der Polizei konnten die Ereignisse beendet, weitere Straftaten verhindert und zahlreiche Tatverdächtige festgenommen werden", bilanzierte der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl. "Für derartiges deliktisches Verhalten gibt es absolut kein Verständnis und werden die Erhebungen zum Tathergang und weiteren Ausforschungen von Straftätern konsequent fortgeführt."

Auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat die Vorfälle verurteilt: "Parallelgesellschaften haben in unserem Land nichts verloren", meinte er und kündigte eine Schwerpunktaktion der Polizei an. Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) begrüßt diese und hofft gleichzeitig auf mehr Polizei-Planstellen. Diesbezüglich wirft er Nehammer bisher "leere Versprechungen" vor.

Die Wiener Landespolitik reagierte erschüttert auf die Ausschreitungen: Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos), der für den Bereich Integration zuständig ist, verurteilte diese "aufs Schärfste". "Egal welcher Herkunft: Man muss sich an die Regeln halten", betonte Wiederkehr in einer Aussendung. "Eine gelungene Integration und ein friedliches Miteinander sind einer meiner Arbeitsschwerpunkte, damit solche Vorfälle wie in Favoriten nicht mehr passieren."

Im Sommer war es in Favoriten zu schweren Ausschreitungen gekommen. Ausgangspunkt war eine Kundgebung von Kurden, die von türkischen Ultranationalisten angegriffen wurde. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen kurdischen und linken Demonstranten einerseits und türkischen Ultranationalisten andererseits. Die Vorfälle belasteten das Verhältnis zwischen Wien und Ankara. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warf der Türkei vor, "Unfrieden zu säen".

FPÖ "schockiert" und "besorgt"

"Schockiert" zeigte sich der Wiener FPÖ-Chef, Stadtrat Dominik Nepp, über die Ausschreitungen "von kriminellen islamistischen Migrantenmobs", wie er in einer Aussendung seiner Partei am Freitag zitiert wurde. Nehammer sei seit dem Beginn der Krawalle im Juni 2020 "völlig tatenlos" geblieben, kritisierte Nepp. Die Unruhen seien "die Folge der ungezügelten Massenzuwanderung der letzten Jahrzehnte".

"Besorgt" äußerte sich auch FPÖ-Bundesparteichef Norbert Hofer: "Die Täter seien offenbar junge Muslime, und sofern es sich um Ausländer handle, "sind sie nach der Bestrafung abzuschieben", forderte Hofer. "Jene Krawallmacher mit österreichischer Staatsbürgerschaft sollen nicht nur streng bestraft werden, sondern sich auch selbst an der Reparatur der Schäden beteiligen. Außerdem ist festzustellen, welche Moscheen diese Herrschaften frequentieren und ob sie dort radikalisiert wurden.

Verstöße gegen Covid-Maßnahmen

Insgesamt sind in der Landesleitzentrale Wien am letzten und ersten Tag des Jahres weit über 4.000 Notrufe eingegangen. Daraus resultierten knapp 1.600 Einsätze, berichtete die Polizei. Die Beamten rückten u.a. wegen Sachbeschädigungen, Lärmerregungen und illegaler Zündung von pyrotechnischen Gegenständen aus.

Auch in anderen Bundesländern gab es in der Silvesternacht Vorfälle. Die Polizei zieht nach der Silvesternacht jedoch eine "weitgehend positive" Bilanz. Im Vergleich zu den Vorjahren sei es weitgehend ruhig gewesen, berichtete das Innenministerium (BMI).

In Kreuth-Rappoltenkirchen (Niederösterreich) hatte ein Gastronomiebetrieb widerrechtlich geöffnet und schenkte Getränke aus. Es kam zu Anzeigen nach dem Covid-Maßnahmengesetz. In Baden setzte eine alkoholisierte 45-Jährige einen Widerstand gegen die Staatsgewalt und verletzte einen Beamten. In den oberösterreichischen Städten Wels und Gmunden wurden Mülltonnen in Brand gesetzt, im Bezirk Freistadt erlitt ein Mann Verletzungen, weil er einen bereits abgebrannten Böller nochmals gezündet hatte.

In der steirischen Hauptstadt Graz wurden Mülltonnen und die Ladefläche eines Klein-Lkw in Brand gesetzt. In St. Gallen stand ein Wirtschaftsgebäude und in Selzthal ein Einfamilienhaus in Brand. In Wildon wurde ein 45-Jähriger, der eine Feuerwerks-Batterie gezündet hatte, von einer Rakete im Gesicht verletzt.

In Feldkirch rückten acht Streifenbesatzungen zu einem Einsatz wegen einer Schussabgabe aus. Ein Mann hatte mit einer Schreckschusswaffe aus dem Fenster geschossen hatte. In Hohenems wurde ein 44-jähriger Mann festgenommen, der seinen Nachbarn mit einem Messer bedroht hatte. In Innsbruck wurde bei einem Tatverdächtigen eine Schreckschusswaffe sichergestellt, nachdem der Mann mehrere Schüsse in die Luft abgegeben hatte. In Kufstein wurde eine Corona-Party mit 13 Personen aufgelöst, die sich gegenüber den Beamten äußert unkooperativ verhielten. (APA, 1.1.2021)