Dachstein-Region: Ein verrücktes Privileg

Ich gebe zu: Ich gehöre zu den verrückten Österreichern, die auch im Lockdown Ski fahren wollen und so den Ruf des Landes weltweit ruinieren. Und hätte man mich am vergangenen Sonntag auf der steirischen Tauplitz fotografiert, als ich bei Kaiserwetter vor der Mitterstein-Gondelbahn Schlange stand, hätte die deutsche Bild schreiben können: Noch eine Ösi-Virenschleuder.

Aber mittendrin fühlte sich alles recht sicher an – und war es wohl auch. Die Staus an der Talstation entstanden, weil jede Gondel nur halb belegt wurde – und das konsequent. Im Vergleich zu früheren Wintern hielten die Wartenden viel mehr Abstand. Es gab keine offenen Hütten, bloß einen Take-out-Stand und Mittagspausen nur im Freien. Einige Lifte blieben gesperrt, was allerdings die Menschendichte auf den offenen Anlagen etwas erhöhte.

Nicht alle trugen FFP2-Masken, manche banden sich nur ein Tuch über Mund und Nase. Das war vor allem am Loser in Altaussee zu merken, wo meist Einheimische die beiden offenen Sessellifte benutzten. Liftwarte und Gäste kannten sich zu gut, um über Masken zu streiten.

Das änderte sich im Laufe der Woche, angesichts böser Bilder aus einigen Skigebieten. Am Dachstein West zwischen Gosau, Rußbach und Annaberg wurden am Silvestertag FFP2-Masken an den Gondelbahnen streng kontrolliert – und wenn sie fehlten, an den Kassen verkauft.

Auch ein Teil der Skischaukel blieb geschlossen, um die Zahl der Nutzer einzugrenzen. Schade, aber das nahm ich gerne in Kauf für das verrückte österreichische Privileg, auch im Lockdown Ski fahren zu dürfen. (Eric Frey)

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Foto: Reuters/L. Foeger

Innsbruck: Der entspannteste Skitag seit Jahren

Das Freizeitticket, die Saisonkarte für Einheimische in der Region Innsbruck, habe ich heuer erstmals seit Jahren nicht gekauft. Zu groß war die Unsicherheit, ob Wintersport in Pandemiezeiten möglich sein wird. Doch nach einigen Rodelausflügen auf völlig überfüllten Bahnen entschied ich mich Ende Dezember dennoch dazu, mit den Kindern auf die Seegrube zu fahren, um einen Tag lang am Frau-Hitt-Lift mit den Snowskates rumzurutschen.

Das Miniskigebiet über Innsbruck ist Corona-bedingt noch kleiner geworden. Nur wenige Hundert Meter Piste stehen bereit. Dementsprechend wenig war los. Die Pendelbahn, die als Zubringer dient, fasst eigentlich 95 Personen – wir waren zu elft, allesamt FFP2-bemaskt und die Fensterluken geöffnet. Oben auf der "Gruabn" lief der Zweiersessellift auf die Frau-Hitt-Warte. Dort sind nur MNS-Masken erforderlich. Viele trugen dennoch ganztags FFP2-Schutz.

Die beiden Anstellreihen im Freien wurden mit Netzen getrennt. Durch die Skier und Boards an den Beinen konnte man sich gar nicht zu nahe kommen. Die Stimmung war sehr entspannt, alle nahmen Rücksicht und hielten Abstand.

Am Skihang war fast nichts los, vielleicht drei Dutzend Wintersportler insgesamt. Keine Iglu-Bar mit penetranter Musikbeschallung, keine Horden an beduselten Touristen, keine Ski-Anfänger, die unberechenbar Hänge kreuzen.

Jause und Tee hatten wir selbst mitgebracht. Nur die Toilettenanlagen im Stationsgebäude waren geöffnet. Insgesamt der wohl entspannteste Skitag seit Jahren. Und wir hatten keine Minute Angst, uns anzustecken. (Steffen Arora)

Elisa Tomaselli

Zell am See: Nur einheimische Idiome auf der Piste

Selbst die ungeliebte Nachmittagskombi "Eis und Buckel" auf den Zielhängen blieb größtenteils aus. Los war auf den Pinzgauer Skipisten nämlich nicht viel, Szenen wie am Semmering oder in Hinterstoder gab es hier nicht. Von heimischen Ballungsräumen liegt Zell am See für einen Tagesausflug zu weit entfernt. Wer auf das große Pulverschnee-Erlebnis hoffte, wurde zwar enttäuscht, doch an den griffigen Pisten gab es nichts auszusetzen.

Auf die obligatorischen FFP2-Masken zu vergessen ist fast nicht möglich. Bei jedem Lift erinnern große Schilder daran, sie zu tragen, sogar auf den kleinen Displays der Drehkreuze steht es. Es halten sich aber ohnehin alle brav daran. Wer abstandsbedingt lieber alleine Liftfahren möchte, braucht dafür auch nicht viel Geduld. Üblicherweise ertönt genervtes Aufstöhnen, wenn jemand einen leeren Platz im Sessellift auslässt. Doch wie schon so oft gehört, ist heuer alles anders. Rund die Hälfte der Lifte auf der Schmitten sind geöffnet. Auf den Hängen unter den geschlossenen Sesselliften und Gondeln toben sich Tourengeher aus. Zahlreiche Spuren zeigen das.

Noch etwas unterscheidet dieses Jahr ganz deutlich von den anderen. Kein einziges bundesdeutsches, niederländisches oder russisches Wort ist zu hören, österreichische Idiome dominieren. Das freut manche Einheimische durchaus. "Zu dieser Jahreszeit bringt mich sonst nichts auf die Piste", meint Julia R., eine Lehrerin aus dem Pinzgau. Wenn dann der Schnee staubt und auch die Sonne scheint, hat sie, frei nach Ambros, "heuer nicht nur in der Vorsaison", alles Glück in ihr vereint. (Andreas Danzer)

Elisa Tomaselli

Brand-Bürserberg: Skifahren auf die disziplinierte Tour

Auf gut 2000 Metern rinnen dem Tourengeher Schweißperlen über die Stirn. Während er seinen Oberkörper freimacht – ein etwas sonderbarer Anblick bei minus vier Grad –, bringt die Glattjochbahn daneben pistenhungrige Menschen in neongelben und knallroten Anoraks im Zehn Sekunden-Takt auf den höchstgelegenen Punkt des Vorarlberger Skigebiets Brand-Bürserberg. Zwei Welten in einer Szene: auf der einen die bedachten Tourengeher, die nach 1000 Höhenmetern ihr Tagesziel erreicht haben; auf der anderen jene Menschen, die auf ihren Ski brettern so schnell wie möglich wieder vom Berg runter möchten; für 40–51 Euro am Tag.

Weil zu Weihnachten viele bereit waren, diesen Preis zu zahlen, rumorte es im restlichen Österreich. Corona-Lockdown und Skispaß: Wie das in der Praxis zusammengeht, zeigte das dichte Gedränge bei den Damülser und Semmeringer Sessel liften. Ein Dickicht aus Stöcken, überkreuzten Skiern und Menschen, die sich gegenseitig durchs Drehkreuz schieben.

Und doch geht es auch anders: "Alle sind hier wirklich rücksichtsvoll", sagt eine Skifahrerin. "’s Näsile ipacka!" ("Die Nase bedecken!"), ruft ein Aufseher in die zweite Reihe. Das Skigebiet zeigt sich zu Silvester von seiner disziplinierten und schönen Seite: angezuckerte Berge, leere Pisten, kein Take-away; dafür FFP2-Masken, mitgebrachte Landjäger und Dosenbier am Pistenrand. Ob sich die Menschen ihres Privilegs, ein Ski gebiet vor der Nase zu haben, bewusst sind? "Natürlich", sagt einer, "aber es bringt ja auch niemandem was, wenn ich daheim bleib." (Elisa Tomaselli)

Elisa Tomaselli

Postalm: Winterwunderland, einmal anders

Weil ich mir die Bretter gern leihe, war in den Tagen nach Weihnachten Skifahren keine Option. Als uns das prachtvolle Winterwetter im Salzkammergut am Sonntagmittag doch rauf auf das Plateau auf 1300 Meter Höhe lockte, standen andere anderswo schon in irgendwelchen Auto- und Liftschlangen. Die zwei mal acht Euro Maut zum Schneewandern waren verkraftbar, und oben auf dem Berg schon wieder genug Parkplätze frei, als wir da ankamen, ausgerüstet mit Hauben, Sonnenbrillen, festen Schuhen, einem Rucksack mit Broten und einer Thermoskanne heißem Tee.

"Keine FFP2-Masken-Pflicht", war auf der Website zu lesen, weil "alles outdoor!" Und so war die Postalm, wo man Skifahren höchstens lernt, aber nicht so weitläufig ausüben kann, doch noch für ein paar Entdeckungen in diesem eigenartigen Lockdown-Winter gut. Der Welser-, der Strobler- und der Gschlössllift waren zwar alle zu, offen dafür der Zauberteppich (jetzt mit Privatunterricht!), die Lienbach-Loipe und die unglaublichen acht Kilometer Wanderwege durch ein Winterparadies, das ich bisher so noch nicht kannte. Tourenski, Schneeschuhe oder Rodeln hätte man beim Skiverleih Hettegger bestellen und beim Hinterausgang abholen können. Fürs nächste Mal weiß ich es.

Auch, dass es bei der Welser Hütte einen Pizza-Truck gibt und nicht nur der Lienbachhof und die Blonde Hütte Take-away machen. Egal, der heiße Tee und die Brote schmeckten herrlich, und überhaupt sah das alles wie auf einem Wimmelbild aus einem Kinderbuch aus, einem aus den 50er- oder 60er-Jahren, als die Welt noch halbwegs in Ordnung war. (Mia Eidlhuber, 2.1.2021)