Der Entwurf zum neuen Telekomgesetz bringt weitreichende rechtliche Änderungen.

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Kurz vor Weihnachten wurde der eigentlich wegen notwendiger Richtlinienumsetzungen überfällige Entwurf eines neuen Telekommunikationsgesetzes in die Begutachtung geschickt. Mit dem Entwurf soll der österreichische Rechtsrahmen an den bereits 2018 veröffentlichten Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation angepasst werden.

Der österreichische Gesetzgeber verfolgt jedoch darüber hinaus weitere Ziele: Das bereits in die Jahre gekommene und oftmals novellierte Telekommunikationsgesetz (TKG) 2003 soll aus diesem Anlass komplett überarbeitet, neu strukturiert und so fit für die Zukunft gemacht werden. Obwohl der Entwurf noch vom "Telekommunikationsgesetz 2020 – TKG 2020" spricht, wird mit einer parlamentarischen Befassung und Beschlussfassung wohl eher erst im Frühjahr bis Sommer 2021 zu rechnen sein. Damit wird die vorgesehene Umsetzungsfrist für den europäischen Kommunikationskodex vom 21. Dezember 2020 deutlich verpasst.

Ausgedehnter Telekommunikationsbegriff

Unabhängig vom letztlichen Inkrafttreten wird für die Betroffenen, das heißt die Endnutzer (unabhängig ob Konsument oder Unternehmen), für Netzbetreiber, Dienstanbieter, aber auch Hersteller und Komponentenzulieferer im Ergebnis nur entscheidend sein, dass der neue Rechtsrahmen für die Zukunft ausgelegt wird und größere Rechtssicherheit bietet. Grundlegende Neuerungen wie die Ausdehnung des Begriffs von Kommunikationsdiensten auf Internetzugangsdienste und interpersonelle Kommunikationsdienste werden Anbieter fordern. E-Mail- und Nachrichtendienste wie Facebook Messenger oder Whatsapp, Signal und Co, die vom TKG 2013 nicht erfasst waren, unterliegen nunmehr voll der Regulierungsaufsicht der RTR-GmbH und Telekom-Control-Kommission. Dies bringt für Konsumenten einen höheren Schutz und Zugang zur Schlichtungsstelle der RTR.

Mit dieser Änderung werden nicht nur europäische Vorgaben umgesetzt, sondern auch die Realität besser abgebildet. Netzbasierte Anwendungen haben dem klassischen Festnetz, aber auch mobilen Angeboten wie SMS längst den Rang abgelaufen. Es war daher höchste Zeit, dass auch diese Services dem naheliegenden Regime des TKG unterworfen werden.

Neue Schutzvorschriften

Für Nutzer von Kommunikationsdiensten sind im Entwurf zusätzliche, über die im TKG 2003 bereits bestehenden Rechte hinausgehende Schutzvorschriften vorgesehen: Neben neuen Regelungen zu Mindestinformations- und Transparenzpflichten, Zurverfügungstellung von Einrichtungen zur Kostenkontrolle und -beschränkung werden auch Bestimmungen zu Vertragslaufzeiten und -kündigungen sowie für Bündelangebote eingeführt. Die Rechte der Nutzer werden nun gesammelt in einem eigenen Abschnitt 11 zusammengefasst. Dieser gilt gegenüber allen Dienstanbietern mit Ausnahme von Kleinstunternehmen, die bestimmte Kommunikationsdienste – konkret nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste wie beispielsweise internetbasierte Nachrichtendienste à la Whatsapp oder Anwendungen, die Gruppenchats ermöglichen – erbringen.

Bestimmten Endnutzern wie Verbrauchern, aber auch Kleinstunternehmen und kleinen Unternehmen sowie Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht sind vor Vertragsbindung nunmehr gewisse Informationen zu übermitteln: zu den Hauptmerkmalen des bereitgestellten Dienstes samt Mindestniveaus der Dienstqualität, Preisinformationen samt etwaiger Aktivierungskosten, Informationen zur Vertragslaufzeit inklusive eventueller Kündigungsgebühren sowie Entschädigungs- und Erstattungsregelungen. Werden keine Mindestniveaus der Dienstqualität angeboten, muss dies ausdrücklich ausgewiesen werden. Daneben sind klare Vertragszusammenfassungen bereitzustellen.

Erleichterter Wechsel zwischen Internet-Anbietern

Auch bei einem Wechsel zwischen Anbietern von Internetzugangsdiensten werden, ähnlich wie bisher bei einem Wechsel zwischen Telefonanbietern, neue Rechte eingeführt. Die Kontinuität des Internetzugangsdiensts muss, soweit technisch machbar, gewährleistet werden und darf nicht länger als einen Arbeitstag unterbrochen werden. Sollten Anbieter von Internetzugangsdiensten dem Nutzer auch E-Mail-Adressen bereitgestellt haben, müssen bei Beendigung des Dienstes Nachrichten nunmehr kostenfrei für den Zeitraum von einem Jahr auf die neue E-Mail-Adresse des Users weitergeleitet werden.

Im Entwurf findet sich auch weiterhin die Pflicht zur Veröffentlichung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen samt Dienstbeschreibungen und Entgeltbestimmungen. Diese sind der Telekom-Control-Kommission vor Dienstaufnahme anzuzeigen. Ihr kommt sodann ein Widerspruchsrecht bei Verstößen gegen geltendes Recht zu. Erfahrungsgemäß wurden die AGB der Telekombetreiber bereits in der Vergangenheit sehr genau, etwa auch mit Blick auf konsumentenschutzrechtliche Bestimmungen und eben nicht nur TKG-Compliance, geprüft. Ein Abgehen von dieser Praxis ist nicht zu erwarten. Die nun neu unter den Rechtsrahmen des TKG fallenden E-Mail-, Chat- sowie Cloudbasierte-Nachrichten- und VoIP-Anbieter wird das entsprechend treffen und einen (umfangreicheren) Anpassungsbedarf auslösen.

Eine gewisse Erleichterung bringt der Gesetzesentwurf für Anbieter, die nicht mehr als 1.000 Nutzer im Bundesgebiet haben. Diese sollen nach dem vorliegenden Ministerialentwurf von einer Anzeigepflicht ihrer AGB gegenüber der Telekom-Control-Kommission ausgenommen werden.

Offene Verfassungsfragen

Neuerungen betreffen aber auch andere, bisher im österreichischen Rechtsrahmen völlig unbekannte Konzepte, etwa die Qualifikation und den potenziellen Ausschluss von Hochrisikolieferanten. Hier stellen sich bei der konkreten Umsetzung noch einige Fragen in Hinblick auf die Verfassungskonformität der Bestimmungen.

Die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf von fast acht Wochen endet am 10. Februar und wird sicherlich zu zahlreichen Stellungnahmen und Zurufen der Marktteilnehmer und Stakeholder genutzt werden. Man darf gespannt sein, wie sich der Entwurf entwickelt und wie und welche vorgebrachten Vorschläge in den Ministerialentwurf noch einfließen werden. Angesichts der wichtigen Neuerungen wäre sicherlich auch eine weitere öffentliche Begutachtung im Zuge des parlamentarischen Ausschussverfahrens wünschenswert.

Fix ist: Das Jahr 2021 wird für den österreichischen Telekommunikationssektor und seine Kunden einige Neuerungen bringen. (Axel Anderl, Elisabeth König, 4.1.2021)