Bild nicht mehr verfügbar.

Die Philharmoniker hörten es: An die 7000 Personen klatschten von zu Hause aus.

Foto: Getty

er Applaus, so heißt es, sei der wahre Lohn des Künstlers. Ob Mime oder Musikerin: Die Seele soll sich weiten, die Wangen sollen sich röten ob des anbrandenden Beifalls. Die Wiener Philharmoniker gelten als ein Orchesterverein, der in den 177 Jahren seiner Existenz reichlich Lohn für seine musikalischen Darbietungen empfangen hat, sei es in Form von kollektivem Händeklatschen oder auf finanziellem Wege.

So hat etwa Franz Welser-Möst jüngst im Interview verraten, dass die Philharmoniker allein dem Neujahrskonzert ungefähr ein Viertel ihres Jahreseinkommens verdanken.

Aber ohne den akustischen Lohn des Publikums ist das Ganze doch nur eine halbe Sache. Und so konnten sich der Orchesterverein und Maestro Riccardo Muti im pandemiebedingt leeren Musikvereinssaal doch noch dreimal an Beifallskundgebungen erfreuen – und zwar aus der ganzen Welt. Auf der Website www.mynewyearsconcert.com hatten sich im Vorfeld tausende Interessierte registriert, um am Neujahrstag via Computer, Tablet oder Smartphone ihren Applaus live nach Österreich zu schicken.

Internationale Gemeinschaft

Im Rahmen einer Kooperation mit dem Grazer Unternehmen Poet Audio etablierte der ORF diese Publikumsinitiative, bei der das weltweite Klatschen mittels einer speziellen Software über mehrere Server zusammengeführt, abgemischt und auf zahlreichen Lautsprechern im Saal eingespielt wurde. Die Zusehenden an den Bildschirmen bekamen zusätzlich noch auf schwebenden Plättchen Bilder der digitalen Claque zugespielt.

Die internationale Gemeinschaft, die die rund 50 Millionen Zuhörer und Zuschauer des Neujahrskonzerts alljährlich bilden, bekam so ein Gesicht – beziehungsweise deren viele. Uno-Generalsekretär António Guterres soll auch mitgeklatscht haben.

Im leeren Haus

So begrüßenswert diese Initiative auch sein mag: Es bleibt zu hoffen, dass sie zusammen mit der Pandemie wieder abklingt. Opernaufführungen vor leerem Haus, bei denen die Zuhörenden Anna Netrebko und Co von zu Hause aus auf digitalem Weg Bravo-Rufe oder empörte Buhs zusenden, werden hoffentlich nie zur neuen Normalität.

Für das erste Neujahrskonzert in Zeiten der Pandemie war die elektronische Claque sicherlich ein gern gehörter Nothelfer. Wenn Daniel Barenboim 2022 zum dritten Mal das Neujahrskonzert leitet, ist der Musikvereinssaal aber hoffentlich wieder rappelvoll und gibt es auch wieder reichlich Präsenzpatscherei vor Ort. (Stefan Ender, 2.1.2021)