Das Stundenbuch des Herzogs von Berry (1340–1416) ist ein überaus reich verziertes Stundenbuch mit über 200 Blättern. Stundenbücher waren Andachts- und Gebetsbücher, die im 13. Jahrhundert ihren Anfang nahmen und ihre Blütezeit im späten 14. und aufkommenden 15. Jahrhundert erreichten. Der Name leitet sich ab von den bestimmten Stunden im Tageslauf, an denen die Gebete gesprochen wurden.

Vielfach waren die Stundenbücher prachtvoll und aufwändig gestaltet und illustriert. Eines der prächtigsten ist mit Sicherheit jenes des Herzogs von Berry (Johann von Valois oder Johann von Berry - auch Johann der Prächtige genannt). 

Die Kalenderblätter

Das Buch beginnt mit einem Kalendarium, das die Tätigkeiten der Menschen in den jeweiligen Monaten zeigt. Über dem eigentlichen Bild ist jeweils in einem Halbkreis ein Bild des Himmels mit den dem Monat entsprechenden Sternzeichen zu sehen. 

Darunter die Ansichten bestimmter Arbeiten und Tätigkeiten, die die einzelnen Monate charakterisieren. Im Hintergrund ist jeweils eines der Schlösser des Herzogs abgebildet.

JÄNNER: Der Herzog (im blauen Gewand) beim Neujahrsempfang.
Foto: Wikimedia Commons/Public Domain

Die Brüder Limburg

Mit viel Liebe zum Detail wurde das Werk von den Brüdern von Limburg ausgearbeitet. Die drei aus Nimwegen in den Niederlanden stammenden Miniaturmaler Paul, Johan und Herman starben im Jahr 1416 vermutlich an der Pest und hinterließen das Stundenbuch des Herzogs unvollendet.
Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde es durch Jean Colombe, einem französischen Buchmaler fertiggestellt. 

FEBRUAR: Ein Esel im Winter, Holzschlägerung und ein Wärme spendender Ofen.
Foto: Wikimedia Commons/Public Domain
FEBRUAR-Detail: Das Bauernpaar hebt ungeniert die Kleidung hoch, um den Körper zu wärmen.
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MÄRZ: Ein Schäfer weidet seine Tiere, Weinstöcke werden beschnitten, ein Bauer pflügt den Acker.
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APRIL: Ein Brautpaar tauscht die Ringe.
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MAI: 1. Mai - junge Mädchen und Männer ziehen feiernd durch das Land und bringen frisches Grün.
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JUNI: Das Heu wird eingebracht.
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JULI: Das Getreide wird geerntet und die Schafe geschoren.
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AUGUST: Die Jagd kann beginnen, der Falkner ist bereit.
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SEPTEMBER: Weinlese - und das prominent ins Bild gesetzte Hinterteil eines Arbeiters.
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OKTOBER: Aussaat des Wintergetreides und eine Vogelscheuche in Form eines Bogenschützen.
Foto: Wikimedia Commons/Public Domain
NOVEMBER: Die Schweine werden mit Eicheln gemästet.
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DEZEMBER: Die Hunde stürzen sich auf den zur Strecke gebrachten Keiler.
Foto: Wikimedia Commons/Public Domain

Beim Durchblättern des gesamten Buches stößt man immer wieder auf interessante und mitunter auch amüsante Details. Da findet man Ritter, die gegen Schnecken ankämpfen, einen Pfarrer, der Vögel fängt, oder auch ein Schwein, das mit dem Dudelsack ein Lied anstimmt.

Ein Schwein auf einer Schubkarre spielt den Dudelsack
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Heute wird das Prachtwerk im Schloss Chantilly in der Nähe von Paris aufbewahrt. Glücklicherweise kann man das gesamte Stundenbuch auch online durchblättern und erkunden. (Kurt Tutschek, 9.1.2021)

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