Wien – "Wir freuen uns, Sie am 11.1. wieder begrüßen zu dürfen": Die Wirtsleute des kleinen Gasthauses im dritten Wiener Gemeindebezirk haben jetzt einmal ganz zu. Auch anderswo hängen Schilder, die von der Hoffnung zeugen, dass nach den Weihnachtsferien einiges wieder Fahrt aufnimmt. Doch derzeit sieht es nicht danach aus.

Der Lockdown in Österreich dürfte de facto nun doch bis 24. Jänner dauern. Nach derzeitigem Stand kommt die Möglichkeit, sich freizutesten, um dann einkaufen oder ins Wirtshaus gehen zu dürfen, nicht. Zumindest wenn die Opposition bei der angekündigten Blockade bleibt.

... voraussichtlich 24. Jänner.
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Eine entsprechende Novelle, die das Freitesten ermöglicht hätte, war kurz vor Jahreswechsel in Begutachtung geschickt worden. Am Sonntag hatte die Opposition aus unterschiedlichen Gründen, aber im Ergebnis einig erklärt, man werde dem Gesetz die Zustimmung verweigern. Für die Koalition ist somit klar, dass der Lockdown bis 24. Jänner dauern wird.

Spielball der Politik

Damit werden Handel, Gastronomie und Tourismus voraussichtlich erst am 25. Jänner öffnen können. "Eine schreckliche Nachricht für die Branche", sagt Mario Pulker, Spartenobmann der Gastronomie in der WKO, und klagt, dass man zum Spielball der Politik geworden sei. Die Opposition "spielt aber auch mit der Existenz der Betriebe", so Pulker, und damit gehe es auch um Arbeitsplätze. Zudem hätten sich die Betriebe schon vorbereitet auf ein Wiederaufsperren am 18. Jänner, es sei "eine gewisse Vorfreude zu verspüren" gewesen, so der Hotelier und WKO-Funktionär.

Ähnlich argumentiert Berndt Querfeld, Chef des Cafés Landtmann in der Wiener Innenstadt. "Wir hätten schon gerne aufgesperrt", sagt Querfeld – auch wenn er keineswegs sicher sei, dass sich das wirtschaftlich auch rentiere. Es gelte jetzt einmal, Fahne zu zeigen – und Zuversicht, auch im Sinne der Mitarbeiter, die gerne arbeiten würden. Kontrollieren, ob die Gäste einen entsprechenden Test dabeihaben (wie das ursprünglich angedacht war), würde er, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gäbe. Zuletzt sah es aber ohnehin so aus, als ob diese Aufgabe den Gesundheitsbehörden zugefallen wäre, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitagabend im ORF-Interview erklärt hatte.

Hochfahren nicht auf Knopfdruck

Querfeld schließt nicht aus, dass sich der eine oder andere Gast sage: "Für einen kleinen Mokka mache ich das nicht." Der Gastronom zeigt aber auch Verständnis für die Opposition. Nur, "irgendwann möchten wir wieder aufsperren". Dass das nicht von heute auf morgen möglich sei, macht er auch klar: "Wir brauchen eine Woche, um den Betrieb hochzufahren." Durchputzen, Zulieferer aktivieren, Dienstpläne erstellen, all das sei nicht auf Knopfdruck zu haben.

Peter Dobcak, Gastro-Obmann in Wien, hofft, "dass die Opposition noch zur Vernunft kommt". Er geht davon aus, dass ein Großteil der Wiener Gastronomen auch aufmachen würde. Jetzt will er einmal abwarten.

Mit dem Aufsperren am 18. Jänner für Gäste, die mit einem negativen Corona-Test kommen, dürfte es nichts werden.
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Auch Handelsvertreter gehen davon aus, dass der 18. als Eröffnungsdatum tatsächlich gestorben ist. Freude habe man damit keine, sagt Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKO). Man brauche eine Perspektive. "Wir kämpfen um jeden Tag, den wir aufsperren können", so Trefelik. Die Betriebe hingen in den Seilen, und der Fixkostenzuschuss werde als Hilfe nicht reichen. Sollte der 24. Jänner als Wiedereröffnungsdatum halten, hätten die Handelsbetriebe nahezu einen Monat geschlossen. "Was sind die flankierenden Maßnahmen?", fragt Trefelik.

"Dem österreichischen Handel entgehen durch den dritten Lockdown Umsätze im Ausmaß von knapp vier Milliarden Euro. Allein die Lockdown-Verlängerung von 17. auf 24. Jänner schlägt mit einem Umsatzminus von bis zu einer Milliarde Euro zu Buche", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Somit verschärfe sich die angespannte Lage in der Branche zusätzlich. "60.000 Arbeitsplätze im Handel wackeln, und die Volksgesundheit bemisst sich bekanntlich auch an der Arbeitsplatzsicherheit", warnt Will.

Keine Gäste

In Österreichs Hotellerie wird die Lage differenziert gesehen. "Für die Stadthotellerie macht es kaum einen Unterschied, ob der Lockdown für alle erst am 24. Jänner zu Ende geht oder ob sich einzelne schon eine Woche früher freitesten können, es sind sowieso keine Gäste da," sagt die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer. "In der Ferienhotellerie sind aber schon einige enttäuscht, dass das nun nicht möglich sein wird. Sie hätten früher aufgesperrt, weil es doch schon Buchungen respektive Anfragen für die Woche ab 18. Jänner gegeben hat. Das ist nun hinfällig."

Betroffen seien aber auch Thermenhotels speziell in der Steiermark und im Burgenland. "Dort wäre jetzt Hauptsaison, die sind stark österreichisch gebucht und hatten zum Teil schon viele Buchungen. Die müssen jetzt wieder verschoben werden", sagt Reitterer.

Pessimistisch für den Februar

Pessimistisch ist die ÖHV-Präsidentin aber auch für den Februar, den traditionell stärksten Monat in Österreichs Skitourismus. "Da haben die Bayern Ferien, Nordrhein-Westfalen, Briten, Holländer auch. Das wird heuer schwach werden. Solange die Reisewarnungen nicht aufgehoben werden, kann sowieso niemand nach Österreich, ohne anschließend nicht zwingend in Quarantäne zu gehen. Da spielt es auch keine Rolle, ob Deutschland den Lockdown bis 24. oder 31. Jänner verlängert." Sie glaube nicht, dass Deutschland die Reisewarnung für Österreich vor den Ferien im Februar aufhebe, sagt Reitterer. Zu groß sei die Sorge, dass die Infektionszahlen anschließend wieder in die Höhe schießen.

Nicht ganz so pessimistisch ist Wolfgang Eder, Bundesinnungsmeister der Friseure, auch wenn er an der Kurzfristigkeit der Verordnungen Kritik übt. Als Branche sei man bisher gut durch die Krise gekommen. Mit dem Umsatzkostenersatz von 80 Prozent im November und 50 Prozent im Dezember sowie der Möglichkeit von Kurzarbeit und Mietaussetzungen könne man die Lockdowns bisher gut heben. Zumal die Friseure, wenn sie wieder aufsperren dürfen, dann nicht zu den Verlierern gehörten. Eder fordert aber "weiterhin, dass das Freitesten für unsere Mitarbeiter möglich sein soll. Damit im Fall des Falles entschieden werden kann, ob jemand in Quarantäne oder Krankenstand muss oder weiter arbeiten gehen kann." (Regina Bruckner, Bettina Pfluger, Günther Strobl, 4.1.2021)