Wann haben Sie zuletzt jemandem bewusst Danke gesagt? Als Sie das Weihnachtsgeschenk ausgepackt haben? Als der Kollege geholfen hat, das Projekt abzuschließen, oder die Chefin den Sonderbetreuungsurlaub genehmigt hat, weil Corona-bedingt das Kind zu Hause betreut werden muss? Oder sind Sie dankbar, dass Sie in der aktuellen Krise Ihren Job nicht verloren haben? Oder falls doch, sich dadurch eine neue Chance im Leben ergeben hat?

Dankbarkeit ist vielfältig. Und für einige Psychologen und Forschende ein Weg zum Glück. Damit ist in der Wissenschaft meist eine Haltung gemeint, das Positive im Leben zu sehen und wertzuschätzen – und zu erkennen, dass man nicht immer selbst dafür verantwortlich ist.

Wer dankbar ist, ist unter anderem gesünder, besser gelaunt, sinnerfüllter und zufriedener mit seinem Leben, zeigen unterschiedliche Studien. Auch im Job kann es helfen, Dankbarkeit zu zeigen und zu erfahren – gerade in Krisenzeiten.

Immerhin sind dankbare Menschen motivierter und resilienter. Sie können also mit Stress und Ausnahmesituationen besser umgehen. Und der Arbeitspsychologe Adam Grant hat gemeinsam mit der Verhaltenspsychologin Francesca Gino in einer Studie herausgefunden, dass ein Danke bei Mitarbeitenden zu mehr Selbstwert und Selbstwirksamkeit führt. Ebenso verstärkt sich das Vertrauen untereinander, und die Kolleginnen und Kollegen helfen einander eher.

Arbeit wertschätzen

Untersuchungen zeigen auch, dass Dankbarkeit und Wertschätzung zu einem Arbeitsplatz beitragen, wo Menschen gern arbeiten und sich nicht als austauschbare Arbeitskräfte fühlen. Dankbarkeit wird laut Studien in jenen Firmen gelebt, wo Angestellte das Gefühl haben, dass der Arbeitgeber ihre Arbeit wertschätzt und ihm ihr Wohlbefinden ein echtes Anliegen ist – ohne den Hintergedanken, dass sie dadurch freiwillig länger arbeiten oder produktiver sind.

Dankbarkeit im Arbeitsalltag ist allerdings keine einmalige Sache, wenn das Team ein Projekt erfolgreich abgeschlossen hat oder die Geschäftsführerin bei der Weihnachtsansprache auf die erfolgreiche Meisterung der Krise eingeht. Oder wenn, wie im Frühjahr, den Pflegekräften, Ärztinnen, Polizisten oder Supermarktkassiererinnen mit Applaus gedankt wird. Auch ein allgemeines Danke ist laut Wissenschaft – naheliegenderweise – weniger zielführend als ein individuelles Dankeschön an einen Kollegen oder eine Mitarbeiterin für ihren Einsatz und ihre Motivation.

Ein Danke ist mehr als Applaus.
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Trotz der Vorteile für Unternehmenskultur und Arbeitsklima sowie die einzelnen Angestellten geht gegenseitige Dankbarkeit im Joballtag häufig unter. Das legt auch eine Umfrage der Jobbörse Monster nahe, für die im Oktober über 2000 US-Arbeitnehmer befragt wurden.

Nur etwa jeder zweite Befragte hat das Gefühl, dass seine Arbeit gesehen wird. Immerhin 91 Prozent sagten, dass sie Dankbarkeit am Arbeitsplatz zeigen, aber nur rund zwei Drittel, dass ihnen Dankbarkeit entgegengebracht wird. Das legt nahe, dass nicht jedes Danke so ankommt, wie es gemeint ist. Dabei sind sich die Teilnehmenden durchaus der Wirkung von Dankbarkeit bewusst: 94 Prozent gaben an, dass diese sie in ihrer täglichen Arbeit motiviere, 97 Prozent helfe sie, Stress und Ängste zu reduzieren.

Ein Kreislauf

Wie kann man also mehr Dankbarkeit in den Joballtag einbauen? Forschende des Greater Good Science Center der University of California in Berkeley beschäftigen sich seit 20 Jahren mit Dankbarkeit. In einem Blogbeitrag des Science Center gibt es Tipps: Demnach sei es wichtig, dass Dankbarkeit in Firmen top-down implementiert wird. Führungskräfte sollten sie authentisch vorleben – und zwar öffentlich, aber auch in Einzelgesprächen.

Der Schlüssel liege darin, verschiedene Optionen zum Danken zu schaffen. Etwa in einer fünfminütigen Runde vor dem Meeting. Oder geschrieben auf Kudo-Kärtchen, die dann im Büro aufgehängt werden. Auch Zeitausgleich und Boni drücken Wertschätzung aus.

Die Dankbarkeit dürfe aber nicht als Pflicht gesehen werden. Und sie sollte auch jenen gelten, die unsichtbare Arbeit leisten: das Büro putzen, Gehälter überweisen, am Empfang sitzen. Das setze die Messlatte und gebe den Ton der Firmenkultur in puncto Moral und Vertrauen an.

Denn letztlich ist es ein Kreislauf: Dankbarkeit ist ansteckend, zeigen Studien. Wer sie erfährt, ist auch motivierter, sie anderen zu zeigen. (Selina Thaler, 8.1.2021)