Der Mensch hat den Drang, sich möglichst klar auszudrücken, und sagt daher vieles mehrfach doppelt und dreifach, etwa1 mithilfe von:

Tautologien (alles und jedes; angst und bang; Art und Weise; aus und vorbei; ein und dasselbe; einzig und allein; gang und gäbe; ganz und gar; hegen und pflegen; hier und da; immer und ewig; kurz und bündig; nie und nimmer; rank und schlank; schließlich und endlich; Schritt und Tritt; still und leise; voll und ganz; wenn und aber; Schlussfolgerung; Serviceleistung; Testversuch),

Pleonasmen (zu meinem Bedauern muss ich leider absagen; ich habe es mit eigenen Augen gesehen; es soll angeblich morgen schneien; rein gar nichts; aufrichtiger Dank; dichtes Gedränge; erste Vorboten; genau richtig; gute Besserung; heutiger Tag; höflich ersuchen; innere Überzeugung; nähere Einzelheiten; späterer Zeitpunkt; überwiegende Mehrheit; völlig zutreffend; vorderste Front; absenken; abspeichern; ansteigen; aufoktroyieren; auseinanderklaffen; herabmindern; nachfolgen; übersenden; vorwarnen; lautstark; vorprogrammiert; ureigen; Enkelkind; Fortentwicklung; Fragestellung; Fußpedal; Mitbeteiligung; Pulsschlag; Rückantwort, ‑äußerung, ‑erstattung, ‑stau; Sanddüne; Super-GAU2; Vorbedingung; Zukunftsperspektive) und

Redundanzen (wenn ich den erwische, dann setzt es Prügel, dass es nur so kracht, aber hallo).

Etwas redundant das Schild, oder?
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Überfluss an Silben

Solche rhetorischen Stilformen sind gerade unter Juristen auffallend beliebt (ob die Vormerkung des Eigentumsrechtes gerechtfertigt wird oder nicht3; billig und gerecht4; Grund und Boden5; null und nichtig6; zeitlich befristet7; Jugendliche unter 18 Jahren8; die Frist beginnt zu laufen9; Kindeseltern, ‑mutter, ‑vater10; Mautgebühr11; Nachtzeit12; stillschweigend13; Unkosten14). Sie sind nicht an und für sich verdammenswert, sondern bringen meist bessere Verständlichkeit mit sich und manchmal auch mehr Rhythmus, Eleganz und Lautmalerei.15

So weit, so gut! Der Überfluss an Silben wird aber dann schmuddelig, wenn er nur mehr nach Ärmelschoner und Formularienbuch klingt (Bereich des Strafrechts16; für die Dauer von drei Monaten17; muss ernsthaft bezweifelt werden18; das Urteil wird ersatzlos aufgehoben19; vorsätzliche Begehungsweise20; gegenseitige Kostenaufhebung21; integraler Bestandteil22; nach Maßgabe des § 2923; Betrachtungsweise24; Erfahrungswert25; Frauensperson26 [früher sogar: Weibsperson]27; Heilungsverlauf28; hinterfragen29; Problemfeld30, ‑kreis31, ‑zone32; Sanktionierungsmaßnahme33; Witterungsbedingungen34; Zielsetzung35), und ganz garstig wird es, wenn solch ein Blähstil halbe oder gar ganze Sätze ohne jeden Inhalt erzeugt (in umseits rubrizierter Rechtssache; es war daher spruchgemäß zu entscheiden; die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen; unerlaubte Gesellschaften sind diejenigen, welche durch die politischen Gesetze verboten werden36).

Leitner sagt, dass gegen die in dieser Kolumne von verschiedenen Autoren dekretierten Sprachdogmen durchaus verstoßen werden darf.37 Recht hat er! Es bedarf daher keiner Erwähnung, dass all das oben Gesagte nur meine ganz persönliche Meinung ist. (Michael Rami, 13.1.2021)