Michael Litschka ist Wirtschafts- und Medienethiker und lehrt und forscht an der FH St. Pölten. Er ist einer der Autoren im Medien-Blog "Ein Fall für die Wissenschaft" auf derStandard,at/Etat.

Foto: Claudia Mann Illustration: Armin Karner

Die Prognose von Wirtschafts- und Medienethiker Michael Litschka (FH St. Pölten)

Was erwarten Sie 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? http://derStandard.at/Etat hat Medienmanagerinnen und -manager, Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten. Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir in diesen Tagen.

"Medienethik-Kommission analog zur Bioethik-Kommission"

Hier die Prognosen von Michael Litschka (FH St. Pölten):

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen über Entwicklungen, Herausforderungen etc.!

  • "Verschärfte Diskussionen zu Fake News .
  • Probleme mit VerschwörungstheoretikerInnen.
  • Werbeeinnahmen wandern weiter zu Plattformunternehmen.
  • ORF Gesetz steht an.
  • Kooperation zwischen öffentlich und privat bei Plattformangeboten und Werbung sollte durchdacht werden.
  • Strengere Regulierungen für Technologieplattformen möglich (Fremdregulierung wie im Netzwerk-Durchsetzungs-Gesetz in Deutchland oder Selbstregulierung durch Facebook, Twitter und Co)."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen)!

  • "Einigung auf effektivere Kontrolle von Fake News und Hate Speech auf Plattformen.
  • Einigung auf ausreichende, transparente und politikunabhängige Finanzierung des ORF.
  • Neue Presseförderung (nicht nach Auflagenzahl, sondern Qualität, unter Umständen auch Einbezug digitaler News-Angebote).
  • ORF Gesetz sollte auch digitale Anstrengungen des ORF ermöglichen.
  • Bildung einer Medienethik-Kommission analog zur Bioethik-Kommission, um drängende Fragen von Massenkommunikation, Medienverantwortung, Qualitätsjournalismus, Plattformregulierung etc. anzugehen."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) nicht passieren? Bitte verraten Sie uns Ihre Befürchtungen (und warum Sie das befürchten)?

"Presseförderung bleibt die alte; Plattformen werden weiter als reine Technologieanbieter betrachtet, statt als Content-Provider/Kuratoren; ORF und privater RF arbeiten weiter zu wenig zusammen."

Wie werden sich Covid-19, die Pandemie und die Maßnahmen dagegen auf die Medienbranche auswirken – 2021 und, wenn Sie das erwarten, auch in den Jahren danach?

"Möglicherweise werden Gelder für Unterstützungen verwendet, die man sonst für Medienförderung ausgegeben hätte. Journalistische Arbeitsweisen werden noch digitaler. Ansonsten ähnlich Auswirkungen wie auf alle Unternehmen."

"Hoffentlich Qualität statt Reichweite"

Weitere Prognosen Litschkas zu unseren Detailfragen im Überblick:

  • Dem ORF empfiehlt Litschka mit einer Novelle "transparentere Führungsstrukturen aufgeteilt auf mehr Verantwortungsträger". Er rechnet mit einer Wiederwahl von Alexander Wrabetz zum ORF-Chef 2021.
  • Der Wirtschafts- und Medienethiker rechnet 2021 mit einer neuen Digitalförderung, bei der aber "hoffentlich Qualität statt Reichweite" ins Gewicht fielen. Er plädiert auch für Qualitätskritieren und Teilnahme an Branchenselbstkontrolle als Bedingungen für Medienförderungen und öffentliche Werbebuchungen.
  • Litschka hofft auf ein Informationsfreiheitsgesetz nach internationalen Vorbildern 2021 auch in Österreich.
  • Zur Frage, ob Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten zunehmen werden, schreibt er: "Diese Gefahr besteht leider, Stichwort 'Lügenpresse'. Hier müssen die Medien raschest gegensteuern und über ihre Arbeit aufklären."

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 6.1.2021)