Viele Arbeitslose, kaum offene Stellen. Das Corona-Jahr 2020 hat viele Menschen in die Langzeitarbeitslosigkeit gestürzt. Das Momentum Institut warnt vor den sozialen Folgen und fordert die Regierung auf zu handeln.

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Am Arbeitsmarkt wird es schwierig, wenn einmal der Anschluss verloren ist. Langzeitarbeitslose finden deutlich schwerer einen Job als solche Arbeitslose, die noch vor wenigen Wochen oder Monaten gearbeitet haben. Die Erklärung ist simpel und zeigt einen Teufelskreis auf: Wer länger auf Arbeitssuche ist, verliert Selbstvertrauen, baut Qualifikation ab, zieht sich oft aus dem sozialen Leben zurück – und bleibt ohne Job.

Die Gefahr ist groß, dass die Corona-Krise viele Menschen in Österreich in dieses Dilemma stößt. Denn wie das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut ausgewertet hat, ging das Corona-Jahr 2020 mit einem neuen Rekord in Sachen Langzeitarbeitslosigkeit zu Ende. Demnach waren zum Jahreswechsel 171.191 Menschen seit mehr als zwölf Monaten auf Jobsuche. Seit Beginn der Finanzkrise 2009 hat sich die Langzeitarbeitslosigkeit verdreifacht, der bisherige Höchststand fiel auf den Februar 2017 mit fast 165.000 Langzeitarbeitslosen.

Größter Zuwachs im Haupterwerbsalter

Dass das Momentum-Institut nicht nur Arbeitslose in seine Berechnung inkludiert, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet sind, sondern auch Schulungsteilnehmer und andere Beschäftigungslose, beeinflusst die Kernaussage der Studie nicht: Die Langzeitarbeitslosigkeit hat nach sämtlichen gängigen Zählweisen ein Rekordhoch erreicht.

Besonders häufig von Langzeitarbeitslosigkeit sind Männer über 55 betroffen. Allerdings gab es in dieser Altersgruppe seit dem Ausbruch der Pandemie die geringsten Zuwächse unter allen Altersgruppen. Die Langzeitarbeitslosigkeit der über 55-Jährigen stieg schon nach der Finanzkrise rasant an und ging seither nur noch marginal zurück.

Den größten Zuwachs der Langzeitarbeitslosigkeit hat die Pandemie bei Menschen im Haupterwerbsalter – also zwischen 25 und 44 Jahren – gebracht. Beim Momentum-Institut fürchtet man nun, dass vielen der Betroffenen eine lange und womöglich sogar vergebliche Arbeitssuche droht. Denn vergangene Krisen hätten gezeigt, dass ein magerer Aufschwung der Wirtschaft zu wenige Jobs schaffen würde, um die Langzeitarbeitslosigkeit wieder nachhaltig zu senken.

Beschäftigungsoffensive

Der Thinktank fordert vom Bund eine umfassende Beschäftigungsaktion für Langzeitarbeitslose, die den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Krise begleiten soll. Als Beispiel führen die Studienautoren die von der türkis-blauen Regierung beendete Aktion 20.000 an. 150.000 solcher Arbeitsplätze bei Gemeinden oder gemeinnützigen Vereinen würden den Bund demnach maximal 1,34 Milliarden Euro kosten. Allerdings glauben die Studienautoren, dass nicht alle Langzeitarbeitslosen Interesse an einem geförderten Job haben, viele würden lieber auf dem regulären Jobmarkt nach einer Beschäftigung suchen. Deshalb würden 50.000 bis 100.000 Stellen reichen.

Als zweite Maßnahme fordern die Ökonomen, dass der Staat öffentliche Dienstleistungen ausbaut und so Stellen schafft. Für Langzeitarbeitslose, aber auch für alle anderen Arbeitslosen sei das wichtig. Zum Jahreswechsel war mehr als eine halbe Million Menschen ohne Job. (Aloysius Widmann, 7.1.2021)