Pilnacek fühlte sich nach dem U-Ausschuss "von der Opposition gemobbt" – die fragt weiter zu angeblichen Befangenheiten an

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Wien – Nach dem U-Ausschuss ist vor dem U-Ausschuss: Das gilt zumindest in Bezug auf Justizthemen, die sich wie ein roter Faden (oder ein schwarzer, wie die Opposition meint) durch die vergangenen Befragungen zogen. Als besonders belastend für ihre Arbeit beschrieb Ilse Vrabl-Sanda, Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die große Menge an Berichten, die für die Weisungskette verfasst werden müssen. Ähnliches hatten zuvor auch schon die operativ tätigen WKStA-Staatsanwälte ausgesagt.

Aber die Berichtspflicht frisst nicht nur Ressourcen, sie nährt auch die Angst vor undichten Stellen: So muss vor Zwangsmaßnahmen wie einer Hausdurchsuchung die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien informiert werden – eine direkte Konsequenz aus der Razzia beim Verfassungsschutz, die spätnachts von der WKStA beantragt und später für rechtswidrig erklärt wurde.

Angst vor Leaks

Diverse Mitglieder der Weisungskette hält die WKStA allerdings für befangen, beispielsweise Oberstaatsanwalt Johann Fuchs und, vor seinem Wechsel in die Sektion für Legistik, Sektionschef Christian Pilnacek. Bei Letzterem vermutet die WKStA eine Freundschaft zu Öbag-Chef Thomas Schmid. Beide waren unter Türkis-Blau Generalsekretäre, Pilnacek im Justiz-, Schmid im Finanzministerium. Dass Pilnacek Anfang 2020 die beiden Beschuldigten Josef Pröll und Walter Rothensteiner in seinem Büro empfing, um über die Casinos-Ermittlungen zu sprechen, heizte den Konflikt weiter an – und dürfte auch dafür gesorgt haben, dass Justizministerin Alma Zadić (Grüne) die Aufsicht über Großverfahren nicht mehr in Pilnaceks Händen sehen wollte.

Es bleiben vor allem Gerüchte übrig: So meinte Vrabl-Sanda vor dem U-Ausschuss, ein Betroffener einer Hausdurchsuchung habe gesagt, dass er "irgendwie damit gerechnet hätte, dass wir schon vorher kommen". Manche Verdächtige, beispielsweise Schmid, löschten vor der Razzia sämtliche Chats aus ihren Smartphones – dem Öbag-Chef wurde allerdings ein Back-up zum Verhängnis.

Anfrageserie

Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper will den Mutmaßungen nun in parlamentarischen Anfragen weiter nachgehen. "Wenn die Berichte der WKStA laut deren Leiterin Vrabl-Sanda nie dazu führten, dass die Oberbehörde Unterstützung angeboten hat, muss man sich fragen, welchen Nutzen diese 3-Tages-Berichtspflicht an die OStA sonst hat – und wer davon profitiert", sagt Krisper, "denn das, was bleibt, ist das Risiko, dass geplante Zwangsmaßnahmen verraten werden können."

Aus dem Justizministerium heißt es, Pilnacek sei erst nach dem Vollzug der Hausdurchsuchung bei Schmid informiert worden, Fuchs drei Tage davor. Momentan werde an einer Reduktion der Berichtspflichten gearbeitet.

Und inwiefern werde, wie durch U-Ausschuss-Akten belegt, mit Blindkopien bei E-Mails gearbeitet? Immerhin informierte Fuchs seinen damaligen Vorgesetzten Pilnacek immer wieder per BCC über Kommunikation mit anderen. Laut OStA erfolge das "anlassbezogen", wenn die Nachrichten "relevant" sein könnten. Einen Auftrag seitens Pilnacek gab es dafür nie. (fsc, 7.1.2021)