Gewalt zwingt weiterhin unzählige Familien zur Flucht aus Afghanistan.

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Die Hintergründe des Luftangriffs sind noch unklar.

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Kandahar/Kabul – Anhaltende Kämpfe zwischen afghanischen Regierungskräften und der Taliban-Miliz in der südlichen Unruheprovinz Kandahar haben nach Angaben von Behördenvertretern tausende Familien die Flucht getrieben. Rund 7.000 Familien und damit insgesamt 35.000 Menschen sind demnach vor den wiederholten Taliban-Angriffen am Rand der Provinzhauptstadt Kandahar in die Stadt selbst geflüchtet; weitere 10.000 Familien suchten Schutz in benachbarten Dörfer oder bei Verwandten.

Für die in die Stadt Kandahar Geflüchteten seien provisorische Lager eingerichtet worden, doch stünden nur für etwa 2.000 Familien Lebensmittel zur Verfügung, sagte der Leiter der Behörde für die Vertriebenen, Dost Mohammed Najab, der Nachrichtenagentur AFP. Der Leiter des Amts für Naturkatastrophen, Sardar Mohammed Barani, warnte vor einer "humanitären Krise". Viele Flüchtlinge hätten ihren Besitz hinter sich lassen müssen und seien nun völlig mittellos.

Zivilisten getötet

Afghanistan kommt trotz der Friedensverhandlungen zwischen Regierung und Taliban nicht zur Ruhe. Vor allem Kandahar, die Hochburg und Geburtsstätte der Miliz, ist seit Oktober immer wieder Schauplatz von Angriffen. Obwohl am Mittwoch die Gespräche in Doha nach einer Verhandlungspause seit Mitte Dezember fortgesetzt wurden, wurden bei nächtlichen Angriffen erneut mindestens zehn Menschen getötet, darunter fünf Zivilisten. Unter den Opfern waren drei Frauen, ein Kind sowie ein junger Mann, , sagten mehrere Provinzräte übereinstimmend.

Der Luftangriff erfolgte in einem von den Taliban kontrollierten Bezirk nahe der Provinzhauptstadt Lashkar Gah, wie es aus Helmand hieß. Die militant-islamistische Gruppe machte die US-Streitkräfte für den Angriff verantwortlich. Provinzräte sagten, die Hintergründe des Luftangriffs seien unklar.

Keine Waffenruhe

In Helmand toben seit Monaten schwere Gefechte zwischen den aufständischen Taliban und Afghanistans Streitkräften. Die militant-islamistischen Taliban hatten im Oktober 2020 eine Großoffensive in der umkämpften Provinz gestartet, Zehntausende Menschen wurden vertrieben.

Am Mittwoch nahmen unterdessen Unterhändler der Taliban und Afghanistans Regierung nach mehreren Wochen Unterbrechung die Friedensgespräche in Doha wieder auf. Nach ersten kleinen Fortschritten wollen die Konfliktparteien über ihre Agenda sprechen. Er hätte am liebsten schon "morgen" einen Waffenstillstand, doch wisse er, dass die Gespräche Zeit bräuchten, sagte Vize-Präsident Amrullah Saleh am Donnerstag. Er fügte hinzu, die Verhandlungen seien in einer "kritischen Phase".

Die Gewalt geht im Land unvermindert weiter, eine Waffenruhe lehnen die Taliban weiterhin ab. (APA, 7.1.2021)