Minus 80 grad Lagerungstemperatur, drei Stunden auftauen bei minus drei bis acht Grad und dann die Auslieferung in Kühlboxen: Die mRNA-Impfstoffe reizen die Möglichkeiten der Logistik aus. Dreh- und Angelpunkt ist die Kühlkette.

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Monika Vögele ist Generalsekretärin des Verbands der österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler (Phago).

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STANDARD: Die Phago ist für die Auslieferung der Impfstoffe zuständig. Sie verläuft schleppend, zeigen die letzten Tage. Wie ist das aus Ihrer Sicht?

Vögele: Nach der Zulassung am 27. Dezember haben zwei bis vier Pflegeheime Impfstoffe pro Bundesland angefordert. Gegen Ende letzter Woche hat sich die Anzahl dann drastisch erhöht. Die Bestellungen nehmen exponentiell zu. Mit Stand 7. Jänner haben wir über 200 Pflegeeinrichtungen und Krankenanstalten in ganz Österreich beliefert.

STANDARD: Wie läuft das genau logistisch?

Vögele: Die Schnittstelle ist der E-Shop der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG). Zu diesem Bestellsystem haben in der Phase 1 der Impfaktion sämtliche Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen Zugang bekommen.

STANDARD: Die Aufgabe der Pflegeeinrichtungen ist es also, deren individuellen Bedarf zu erheben?

Vögele: Die Pflegeeinrichtungen haben den Auftrag, Bewohner und Bewohnerinnen und das Personal aufzuklären und dann je nach Impfbereitschaft zu bestellen. Es geht bei der Bedarfserhebung darum, Verwurf möglichst zu vermeiden.

STANDARD: Verwurf? Sie meinen, dass Wegwerfen von nicht verimpften Dosen?

Vögele: Die große Herausforderung ist das Einhalten der Kühlkette. Für uns bedeutet das die Einhaltung einer Reihe von hochspezialisierten Zusatzschritten. Die Impfdosen kamen bisher mit einer GPS-gesicherten und temperaturgeführten Lieferung in sogenannten Thermal-Shippers aus dem Werk und werden mit Lastwagen dann in 17 Standorte in Österreich ausgeliefert.

STANDARD: Das ist bereits passiert?

Vögele: Als Auftragnehmer sind wir nicht befugt, bekanntzugeben, wie viele Impfdosen wo genau eingelagert und ausgeliefert werden. Das obliegt dem Auftraggeber, sprich dem Gesundheitsministerium. Wir machen die Logistik in der Hintergrundarbeit. Ich kann allerdings versichern, dass wir alle auf 250 Prozent arbeiten.

STANDARD: Warum genau?

Vögele: Das Einhalten der Kühlkette, das Auftauen und dann die Auslieferung per Auto ist eine riesige Herausforderung. Wir haben nicht nur unsere personellen Kapazitäten und unsere Autoflotte erweitert, wir mussten auch neues Verpackungsmaterial beschaffen. Die Phiolen mit den Impfstoffen müssen aufrecht in Spezialhalterungen transportiert werden. Wir haben ein eigenes Schachtelsystem für die Kühlboxen entwickelt.

STANDARD: Erfahren Sie, wenn Impfungen übrigbleiben, also nicht verimpft werden?

Vögele: Nein, unser Job ist mit der Übergabe an die Impfkoordinatoren in den Pflegeheimen und Krankenhäusern erledigt. Wenn Impfstoff nicht verabreicht wird, wird er über interne Netzwerke vermittelt

STANDARD: Können sich Impfwillige außerhalb des Gesundheitsbereiches dafür anmelden?

Vögele: Hier ist der Großhandel nicht involviert.

STANDARD: Gestern wurde der Impfstoff von Moderna zugelassen. Er muss nicht bei minus 80 Grad, sondern nur bei minus 20 Grad gelagert werden. Verändert das die Logistik?

Vögele: Moderna wird nur an einen Phago-Standort in Österreich liefern. Von dort aus ist die Verteilung ähnlich organisiert.

STANDARD: Wesentlich einfacher könnte die Verteilung des Impfstoffs von Astra Zeneca / Oxford University sein, oder?

Vögele: Genau. Für diesen Impfstoff werden bewährte Verteilungsstrategien benutzt. Das ist in Phase zwei der Impfaktion vorgesehen. Dann wird es österreichweit auch nicht nur 17, sondern 23 Verteilungsstandorte geben, von wo ausgeliefert werden kann. Auch das Ablaufdatum von fünf Tagen sowie geschultes Personal und Schutzkleidung sind dann kein Thema, das macht es um vieles leichter.

STANDARD: Wie wird es weitergehen?

Vögele: Bestellungen, die reinkommen, arbeiten wir ab. (Karin Pollack, 8.1.2021)