Der Zwergplanet Ceres eigne sich laut einiger Experten aufgrund seines Stickstoffgehalts gut für den Aufbau einer Weltraumkolonie, die um den Planeten kreisen würde.

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Pläne für die Besiedelung anderer Planeten gibt es bereits einige: Der Mond und Mars stehen schon seit langem im Zentrum der Überlegungen. Allerdings ist die Gravitation dort so niedrig, dass dies zu gesundheitlichen Problemen führen könnte, fürchten einige Experten. Anstatt sich direkt auf einem Planeten anzusiedeln, könnten wir eines Tages in Weltraumkolonien leben, die um einen Planeten kreisen.

So zumindest stellen sich finnische Meteorologen das zukünftige Leben im All vor. Was wie aus einem Science-Fiction-Film klingt, haben die Experten in einem Szenario durchgerechnet: eine gigantische Weltraumkolonie, die um den Zwergplaneten Ceres zwischen Mars und Jupiter kreisen soll.

Die Experten gehen davon aus, dass das Projekt in etwa so schwierig umzusetzen wäre wie eine Besiedelung des Mars – nicht zuletzt stellen sich viele technische und andere Fragen, die bisher ungelöst sind und die Wissenschafter auf der ganzen Welt wohl auch in den nächsten Jahrzehnten vor schwierige Aufgaben stellen werden. Insgesamt könnte der Bau dieser Weltraumkolonie (sollte er jemals angedacht werden) rund 22 Jahre dauern, so die Experten.

Künstliche Gravitation

Die Kolonie könnte aus mehreren Teilen bestehen, die mithilfe von magnetischen Trägern miteinander verbunden sind und so zusammen einen scheibenförmigen Mega-Satelliten bilden, heißt es in der Studie. Dieser könnte mithilfe von Materialen von Ceres gebaut werden und würde laufend um den Planeten kreisen, um so eine künstliche Gravitation zu erzeugen.

Die Experten argumentieren, dass sich der Planet Ceres perfekt für die Weltraumsiedlung eignen würde, da er – wie die Erde – abbaubaren Stickstoff enthalte, das für den Aufbau einer erdähnlichen Atmosphäre essentiell wäre. Die Satellitensiedlung könnte laut den Experten aber sogar "noch besser" als die Erde sein, da es keine Unwetter oder Naturkatastrophen gäbe. Auch das Risiko von Meteoriteneinschlägen ließe sich laut Experten minimieren: Größeren Meteoriten soll die Siedlung frühzeitig ausweichen können, kleinere Körper sollen von Lasern oder anderen Auffangwaffen gestoppt werden.

Bäume und Gärten

Zudem könnten innerhalb der Weltraumkolonie auch Bäume und Gärten wachsen – mithilfe einer 1,5 bis vier Meter hohen Erdschicht, die je nach Bedarf vergrößert oder verkleinert werden kann. Um die dafür notwendigen Materialen von Ceres in die Weltraumkolonie zu befördern, könnte laut den Wissenschaftlern ein Weltraumlift zum Einsatz kommen – mit einer mehr als tausend Kilometer langen Kabellänge. Dieser wäre aufgrund der geringen Gravitation besonders geeignet, Lasten für wenig Energie zu transportieren, argumentieren die Experten. Lastwagen-ähnliche Fahrzeuge, die die Energie der Sonne nutzen, könnten das Material auf Ceres abbauen. Auch die Weltraumkolonie wäre mit Solarpanelen ausgestattet.

Alle Bestandteile der Weltraumkolonie wären mit Fahrzeugen, die autonomen Autos oder Zügen gleichen, miteinander verbunden. Für die Passagiere ergebe sich dabei während des Transports kurz ein Gefühl der Schwerelosigkeit, das bei einigen Menschen auch Übelkeit hervorrufen könne. Allerdings gehen die Forscher davon aus, dass Menschen, die schon in der Weltraumkolonie aufwachsen, kürzere Phasen von Schwerelosigkeit in der Zukunft besser ertragen könnten.

Basis für Weltraumforschung

Für die Forscher wäre die Weltraumkolonie nicht nur eine Erweiterung des menschlichen Lebensraums – theoretisch könnten dort mehr Menschen leben als derzeit auf der Erde, mit einer Bevölkerungsdichte, die ungefähr jener in den Niederlanden entspräche –, sondern auch eine Basis für andere Weltraumkolonien und für die weitere Weltallforschung.

Offen bleibt neben vielen technisch bisher ungelösten Fragen, wie so viele Menschen überhaupt von der Erde zu Ceres gelangen sollen. Und nicht zuletzt stellt sich wohl für viele die Frage: Wäre ein Leben in so einer Weltraumkolonie am Ende wirklich ein besseres? (Jakob Pallinger, 9.1.2021)