Hunderte Migranten frieren im bosnischen Winter.

Foto: APA/SOS Bihac

München – Der EU-Sonderbeauftragte in Bosnien-Herzegowina, Johann Sattler, hat den Umgang mit Flüchtlingen in dem Balkanland kritisiert. "Die Lage ist nach wie vor inakzeptabel, unerträglich. Wir haben immer noch einige Hundert Menschen, die bei Minustemperaturen im Freien schlafen, die keine Toiletten haben", sagte Sattler laut Kathpress am Freitag dem Bayerischen Rundfunk.

Immerhin habe die EU nach zähen Verhandlungen erreicht, dass die 900 Menschen, die momentan im Freien im Lager Lipa seien, noch im Laufe dieses Freitags in beheizte Unterkünfte gebracht würden. Zuletzt hatte auch die Caritas Österreich politische Lösungen auf europäischer Ebene gefordert, da humanitäre Hilfe politische Lösungen nicht ersetzen könne.

Hunderte unversorgt

Die aktuellen Flüchtlingsunterbringungen seien "keine Luxusunterkünfte, das sind beheizte Armeezelte, mit allem Notwendigen, was man braucht. Das ist ein guter Schritt vorwärts", erläuterte Sattler. Dennoch seien rund um Lipa noch mehrere Hundert Menschen unversorgt. Für diese Leute brauche es jetzt eine Lösung.

"Ich glaube, das Problem ist hier vor Ort lösbar. Insgesamt sprechen wir von circa 8.000 Flüchtlingen, die sich zurzeit in Bosnien und Herzegowina befinden. Und Bosnien ist ein nicht so kleines Land." Es gebe große finanzielle Unterstützung der EU. Insofern gehe es mehr um den politischen Willen der Verantwortlichen, zu einer Lösung zu kommen.

Grüne und Caritas fordern Taten

Ewa Ernst-Dziedzic, die außenpolitische und Menschenrechtssprecherin der Grünen, kündigte an, im Februar nach Bosnien-Herzegowina reisen zu wollen: "Wir können nicht zuschauen, wenn 515 km von Wien entfernt tausende Menschen ohne Obdach bei winterlichen Verhältnissen dahinvegetieren. Wir schlittern sehenden Auges immer tiefer in eine menschliche Katastrophe."

"Es ist bereits der dritte Winter, in dem sich die Situation in Bosnien-Herzegowina dramatisch zuspitzt", erklärte Andreas Knapp, Auslandshilfe-Generalsekretär der Caritas Österreich. Komplizierte politische und bürokratische Prozesse würden weiterhin jede Lösung verhindern. Hilfsorganisationen hätten mit wenigen Ausnahmen keinen Zugang zu den Lagern, was die Hilfe vor immense Herausforderungen stelle, so Knapp. "Es handelt sich hier um eine humanitäre Krise, die keineswegs überraschend gekommen ist."

Das Lager Lipa nahe der bosnischen Stadt Bihac war kurz vor Weihnachten von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) geräumt worden, weil die bosnischen Behörden es nicht winterfest gemacht hatten. Kurz darauf brannten die Zelte aus, den damaligen Berichten zufolge hatten Bewohner das Feuer selbst gelegt. Der Versuch der bosnischen Behörden, die Menschen mit Bussen in eine ehemalige Kaserne im Süden des Landes zu bringen, scheiterte am Widerstand von Anwohnern. Daraufhin wurden die Flüchtlinge und Migranten in das ausgebrannte Lager zurückgebracht. (APA, 8.1.2021)