Die "Vorstadtweiber" kehren für die fünfte Staffel in den ORF zurück – in der Gestalt von Maria Köstlinger, Nina Proll und Ines Honsel (von links). Zu sehen sind die neuen Folgen ab Montag wöchentlich um 20.15 Uhr in ORF 1.

Foto: ORF/Petro Domenigg

Zweimal noch, dann ist Schluss. Am Montag, 11. Jänner, geht um 20.15 Uhr die Erfolgsserie Vorstadtweiber in ORF 1 in ihre fünfte und vorletzte Runde. Ging bis jetzt noch jeder Staffel Pomp und Getöse voraus, so müssen es die Schauspielerinnen in Corona-Zeiten ruhiger angehen. Statt der üblichen ORF-Präsentationen mit allen Protagonistinnen und Protagonisten gibt es dieses Mal im Vorfeld nur telefonische Interviews – oder schriftliche wie mit Nina Proll. Das Vorstadtweiber-Urgestein begründete das so: "Weil ich da mehr Zeit zum Nachdenken habe."

Dass nach sechs Staffeln Vorstadtweiber Schluss mit lustig ist, goutiert sie: "Ich denke, es ist ein guter Zeitpunkt aufzuhören", lässt sie den STANDARD wissen.

Das könnte auch das Publikum finden, denn die Vorstadtweiber sind vom einstigen Straßenfeger zum normalen Serienhit geworden. Die Folgen der ersten Staffel im Jahr 2015 sahen im Schnitt noch 858.000 Zuseher. Nach durchschnittlich 782.000 bei der zweiten und 793.000 bei der dritten brachten es die zehn Folgen der vierten Staffel im Jahr 2019 auf 584.000 Fans. Regie führten diesmal Mirjam Unger und Harald Sicheritz, das Drehbuch schrieb wie gewohnt Uli Brée.

Proll und Corona

Obwohl gefühlt bereits alles zu sehen war, wird laut Proll auch die Staffel überraschen: "Es gibt spannende neue Beziehungsgeflechte und Affären, neue Charaktere, Einblicke in die Modebranche und dann doch auch Altbewährtes wie schnelle Autos und blöde Sprüche."

Altbewährtes und Sprüche gibt es auch, wenn man Nina Proll nach ihrer Meinung zu den Corona-Maßnahmen fragt – etwa, wie hart es beruflich sei. "Der Lockdown hat mich beruflich massiv getroffen. Ich hatte von März bis August keine Einnahmen. Ich musste all meine Konzerte auf Herbst 2021 verschieben. Nichtsdestotrotz habe ich den ersten Lockdown sehr genossen – und auch verstanden. Den zweiten allerdings finde ich demokratiepolitisch unverantwortlich. Sogar die WHO rät davon ab. Menschen ihrer Rechte zu berauben, sie einzusperren, ihnen ihre wirtschaftlichen Grundlagen zu entziehen ist nicht nur keine durchhaltbare Strategie, sondern auch aus ganzheitlicher Sicht gesundheitsschädlich. Denn Gesundheit ist mehr als nur die Abwesenheit eines Virus", so Proll. Es sei ihre "tiefste Überzeugung, dass Nähe und Berührung wesentlich für ein menschenwürdiges Zusammenleben sind, auch wenn Experten uns jeden Tag das Gegenteil erklären".

Die Weltgesundheitsorganisation WHO weist zwar auf die gesellschaftlichen Kollateralschäden von Lockdowns hin, hält sie aber ab einem gewissen Punkt für notwendig, um Covid-19 zu bekämpfen.

Proll und Politik

Was Nina Proll vermisst, ist Eigenverantwortung. Sie werde durch das "paternalistische Auftreten des Staates" verhindert, findet die 46-jährige Schauspielerin: "In dem Moment, wo die Politik so autoritär eingreift und Maßnahmen erlässt, die den Menschen entmündigen, nimmt sie den Bürgern die Verantwortung weg, und das Volk wird passiv und infantil." Würde sich die Politik darauf beschränken, die Bevölkerung sachlich zu informieren und Empfehlungen abzugeben, wäre der Einzelne gezwungen, eigenverantwortlich zu handeln. "Ich persönlich lehne grundsätzlich jede Infantilisierung von Erwachsenen ab, egal, ob es um Frauen- oder Corona-Politik geht. Krankheit und Tod gehören nun mal zum Leben dazu, genauso wie schlechte Witze und Gestank. Es ist ein Irrglaube des modernen Menschen, er hätte Anspruch auf ewiges Leben ohne Krankheit oder Belästigung."

Proll und Masken

Eine klare Meinung hat Proll auch zum Thema Maskentragen. "Auch wenn die Maske in der Theorie schützt – die Praxis sieht anders aus." Proll ruft etwa auf Facebook dazu auf, eine Petition gegen Maskenpflicht im Unterricht zu unterschreiben, denn: "Trotz fehlender Evidenz werden nun unsere Kinder, die noch in ihrer Entwicklung sind, gezwungen, Masken zu tragen oder sechs Stunden im Homeschooling vor einem Computer zu sitzen. Da muss man kein Pädagoge sein, um zu wissen, dass das nicht gesund ist." Hier sei eine "absolute Schmerzgrenze überschritten" worden. Und: "Ich fühle mich hier verpflichtet, unsere Kinder vor Aktionismus der Regierung zu schützen."

Bei "fehlender Evidenz" beruft sie sich auf die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages): "Sie konnte keinen Einfluss messen – weder bei der Einführung noch bei der Aufhebung noch bei der Wiedereinführung der Maskenpflicht."

Auf ihrer Homepage weist die Ages allerdings sehr wohl darauf hin, dass ein Mund-Nasen-Schutz im öffentlichen Raum ein Baustein sei, um "Risikogruppen zu schützen sowie den Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Covid-19 zu reduzieren".

Proll und Kurz

Kritischer als vor ein paar Jahren sieht Proll mittlerweile Kanzler Sebastian Kurz, den sie 2017 "extrem beeindruckend" fand. "Ich habe ihn privat kennengelernt und geschätzt. Tatsächlich vermisse ich jetzt die Sachlichkeit, die mich am Anfang beeindruckt hat."

Proll und #MeToo

Vor drei Jahren hat Proll im Zuge der #MeToo-Debatte auch gesagt, dass bei uns keine Frau "irgendeine Form von Grapscherei oder sexueller Belästigung ertragen" müsse.

Gilt das noch immer? Proll: "Wie sagte schon Hannah Arendt: ‚Niemand hat das Recht zu gehorchen.‘"

Hat #MeToo aus ihrer Sicht etwas gebracht? Proll antwortet nach einer Gegenfrage: "Sagen Sie es mir. Das generelle Verhältnis zwischen Mann und Frau hat sich dadurch nicht verbessert. Eher im Gegenteil. Aber ein paar Schauspielerinnen wie Robin Wright werden sicher davon profitiert haben." (Oliver Mark, 10.1.2021)