Immerhin etwa zehnmal so groß wie der Vatikan ist das Gebiet, für das die United States Capitol Police (USCP) zuständig ist. Dafür stehen der Polizeiorganisation, die für den Schutz des US-amerikanischen Parlaments in Washington verantwortlich ist, ein Budget in der Höhe von mehr als 500 Millionen Dollar und eine Mannstärke von mehr als 2200 Kräften zur Verfügung. Die Truppe ist damit in etwa gleich groß wie jene der Stadtpolizei Detroits. Das Budget der USCP wurde seit Anfang des Jahrtausends mehr als vervierfacht.

Angesichts dieses Rahmens ist es erstaunlich, dass diese Truppe beim lang angekündigten Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol einen inferioren Auftritt hingelegt hat und das Parlamentsgebäude nicht mit den eigenen Kräften sichern konnte. Die Kritik kostete den Chef der USCP seinen Job: Steven Sund kündigte am Donnerstag seinen Rücktritt per 16. Jänner an.

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Die Capitol Police machte beim Sturm auf das Kapitol einen überforderten Eindruck.
Foto: AP Photo/Jose Luis Magana

Polizist getötet

Bei der Erstürmung des Kapitols starben fünf Menschen. Ashli Babbitt, eine Trump-Anhängerin und Veteranin der Luftwaffe, wurde von einem Mitglied der Polizei erschossen, als sie in den Sitzungssaal eindringen wollte. Eine weitere Frau wurde in der Rotunda zu Tode getrampelt, zwei Männer erlagen einem Herzinfarkt respektive einem Schlaganfall. Dutzende Beamte der Capitol Police wurden bei den Ausschreitungen verletzt, einer von ihnen tödlich. Brian Sicknick wurde Berichten zufolge von einem geworfenen Feuerlöscher getroffen, er brach kurze Zeit später in den Räumen seiner Einheit zusammen und starb. Sicknick ist erst der vierte Kapitolspolizist in der zweihundertjährigen Geschichte der Einheit, der in Ausübung seines Dienstes ums Leben kam. 1984 starb ein Sergeant nach einem Unfall bei einem Schießtraining. 1998 erschoss ein Geisteskranker zwei Wachen bei der Eingangskontrolle.

Dies war nicht der erste Angriff auf das Parlamentsgebäude. Im Jahr 1954 schossen puerto-ricanische Nationalisten von der Besuchergalerie und verletzten fünf Abgeordnete. Danach wurde die USCP mit Schusswaffen ausgestattet. 17 Jahre später zündeten linksextremistische Weathermen eine Bombe im Gebäude, dieser Vorfall führte dazu, dass seither alle Besucher auf Waffen und Sprengmittel gefilzt werden.

Die Anfänge der USCP aber liegen schon im Jahr 1800, als der Kongress von Philadelphia in das neu errichtete Kapitol übersiedelte. Kurz dar auf wurde im Jahr 1801 John Golding als erster Wachmann engagiert. 1828 wurde die Ein-Mann-Truppe nach einem Angriff auf den Sohn und persönlichen Sekretär des Präsidenten John Quincy Adams in der Rotunda vervierfacht.

Gewalttätiger Reporter

Nach Ansicht von Russell Jarvis, einem Reporter des Washington Daily Telegraph und Parteigänger des Adams-Kontrahenten Andrew Jackson, hatte sich der Präsident abfällig über die Frau Jarvis’ geäußert. Wegen der Unmöglichkeit, den Präsidenten zum Duell zu fordern, musste John Adams II herhalten, der jedoch auf eine schriftliche Aufforderung zum Kampf nicht reagierte. Jarvis wollte daher eine Schlägerei anzetteln und zog den Präsidentensohn an Nase und Haaren, doch Adams II ließ sich nicht darauf ein.

Danach spottete die Jackson-Presse über die "Feigheit" Adams’. Der peinliche Vorfall war der Auslöser für die Gründung der USCP. Verstärkt wurden die vier Wächter mit Gemeindepolizisten, bewaffnet waren sie nur mit Schlagstöcken. Am Ende des Bürgerkrieges 1865 war die Truppe auf mehr als drei Dutzend Mann angewachsen und erhielt erstmals Uniformen. Der Sturm auf das Kapitol dürfte nun erneut umfassende Reformen für die Einheit zur Folge haben. (Michael Vosatka, 8.1.2020)