Weibliche Ferkel sind in der Fleischindustrie beliebter als männliche, dafür sorgt der "Ebergeruch".
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Deutsche Forscher haben eine gentechnische Methode entwickelt, mit der männliche Ferkel trotz ihres Y-Chromosoms weibliche Geschlechtsorgane ausbilden. Dies sei eine denkbare Alternative zu herkömmlichen Kastrationsmethoden, um den sogenannten Ebergeruch zu verhindern, der manchen Menschen den Appetit auf das Fleisch männlicher Schweine verdirbt. Verantwortlich dafür sind die Verbindungen Androstenon und Skatol, die Eber ab einem Alter von fünf Monaten vermehrt im Hodengewebe erzeugen. Gesetzliche Regelungen sprechen vorerst allerdings gegen den Einsatz der neuen Methode in der Praxis.

Die Vorgangsweise

Das Team um Björn Petersen vom Institut für Nutztiergenetik des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) verwendete das CRISPR/Cas-System, besser bekannt als Gen-Schere, um eine bestimmte Region des Y-Chromosoms auszuschalten, die HMG-Domäne ("High Mobility Group"). Die Tiere seien danach zwar genetisch immer noch männlich, aber "äußerlich und innerlich erstmal nicht von weiblichen Tieren zu unterscheiden", sagt Petersen.

Allerdings gleichen die manipulierten Tiere weiblichen Artgenossen nicht vollständig: Nach neun Monaten sind ihre Geschlechtsorgane deutlich kleiner ausgebildet als die der Weibchen, zudem sind sie unfruchtbar. Das lege die Beteiligung weiterer Gene an der Ausdifferenzierung der Geschlechtsorgane nahe, so die Forscher.

Gegenwärtig nicht umsetzbar

Es handle sich um Grundlagenforschung und nichts, was kurzfristig in die Schweineproduktion übernommen werden könne, sagt Petersen. Da spreche allein das Gentechnik-Gesetz dagegen. "Generell haben wir schon auch Ideen oder Strategien, wie sowas auch in der Zucht eingesetzt werden könnte." Denkbar sei etwa, das Y-Chromosom bei Ebern so zu verändern, dass diese nur weiblichen Nachkommen zeugen könnten.

Mit Blick auf ethische Fragen sagt Petersen: "Da müssen sich dann sowohl die Verbraucher als auch die Produzenten letztendlich fragen, was sie wollen." Der unerwünschte Ebergeruch lässt sich auch durch eine chirurgische Kastration verhindern oder mit Injektionen, die die Geschlechtsreife hormonell verhindern, die sogenannte Immuno-Kastration.

Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert das vorgestellte Verfahren. Wer meine, Schweine mästen und den Ebergeruch vermeiden zu müssen, könne das sehr viel unkomplizierter und verträglicher durch die Immuno-Kastration erreichen. Gentechnik an Tieren lehne der Tierschutzbund generell ab. (red, APA, 10. 1. 2021)