Teil der 2020 geschaffenen "The Leaking Bodies Series" ist ein Kurzfilm, dessen Protagonist ein aus der Wüste ragender Unterarm samt Hand ist.

Courtesy Gianni Manhattan und Barbara Kapusta

Wenn der Brennofen eingeschaltet ist, dann muss der Computer aus dem Atelier geschafft werden, sagt Barbara Kapusta. Zu heiß werde es für das Gerät, auf dem sie ihre Filme bearbeitet. Beides sind zentrale Werkzeuge für die Künstlerin. Neben Keramik und Video macht Kapusta auch Objekte aus Plexiglas, Vinyl oder Acryl: Körperloses und Körpergewordenes, digitales Bild und haptische Skulptur.

Ihre Werke wurden in Ausstellungen in der Kunsthalle Wien oder dem Belvedere 21, in Berlin und London gezeigt. Werden diese gemeinsam präsentiert, verwachsen sie oft zu einer Installation – dennoch funktionieren sie stets auch alleine.

Sprach-Jongleurin

Im wahrsten Sinne sprechen ihre Objekte für sich selbst: Oft sind es tropfenförmige Tafeln, denen Kapusta mit selbstverfassten Texten Leben einhaucht. Das Jonglieren mit Sprache ist Ausgangspunkt ihrer Arbeit, die Worte halten die Objekte wie ein Netz zusammen.

Als 40. Preisträgerin wurde Kapusta, die 1983 in Niederösterreich geboren wurde und seit fast 20 Jahren in Wien lebt, mit dem Otto-Mauer-Preis 2020 ausgezeichnet – eine der bedeutendsten Auszeichnungen in Österreich. Mit 11.000 Euro dotiert, honoriert sie jährlich das Werk eines bildenden Künstlers oder einer bildenden Künstlerin unter 40 Jahren. Dass sich die Jury nach Künstlerinnen wie Anna Witt oder Toni Schmale für Kapusta entschied, ehre sie sehr. Besonders nach einem so mühsamen Jahr wie 2020.

So divers Barbara Kapustas Medien sind, Text ist immer der Ursprung.
Marie Haefner

Materialität, Text und Körper

Wie bei so vielen Kunstschaffenden mussten auch einige ihrer Ausstellungen und Teilnahmen verschoben oder abgesagt werden. Anfang Dezember bereitete sich Kapusta, die an der Akademie der bildende Künste Wien unterrichtet, noch auf ihre Soloschau in der Galerie Gianni Manhattan vor, die aber nur kurzzeitig offen halten konnte. Nun wird sie nach dem Lockdown verlängert. Anschließend gibt es Anfang Februar anlässlich des Kunstpreises Werke aus den letzten Jahren im Jesuiten-Foyer zu sehen.

Teil ihrer neuesten Arbeiten, die Kapusta 2020 als The Leaking Bodies Series geschaffen hat und bei Gianni Manhattan zeigt, ist ein sechseinhalbminütiger Film. Das animierte Video fügt neben Materialität und Text die dritte Komponente in ihrem Werk hinzu: Körper.

Alle von Kapusta geschaffenen Körper sind queer, fluid und unterwerfen sich keinerlei Normierung. Kapusta lote in ihren Arbeiten "aktuelle Fragen zum Verhältnis von körperlicher Identität und einer von Technologie dynamisierten gesellschaftlichen Umwelt aus", heißt es passend in der Jury-Begründung.

"Die Hand ist wie ein eigener Körper, eine selbstständige Figur", so Kapusta.
Foto: Courtesy Gianni Manhattan und Barbara Kapusta

Undicht und autonom

So wie viele ihrer Keramiken tritt im Film eine Hand samt Unterarm als autonome Protagonistin auf. "Sie ist wie ein eigener Körper, eine selbstständige Figur", sagt Kapusta. Metallisch glänzend bewegt sie sich durch eine postapokalyptische Wüstenlandschaft, aus einem Rohr tritt eine ölige Flüssigkeit. Irgendwann beginnt auch die Hand zu tropfen – also "leaky" zu werden. Eine Stimme spricht aus dem Off:

"What caused the damage? The loose ends of our dripping culture. Our leakiness." So wie die Umwelt kontaminiert werden kann, können es auch unsere Körper. Geht die Zerstörung unserer Umwelt nicht auch mit jener von uns selbst einher? Spricht Kapusta über ihre Arbeit, bewegt sie sich im Terrain von Science-Fiction, feministischer Theorie und politischen Debatten, zitiert Texte von Denkerinnen wie Donna Haraway oder Elizabeth Povinelli. Auch wenn die Auseinandersetzung mit theoretischer Literatur eine wichtige Basis für ihre poetischen Texte ist – aus denen Kapusta bereits zwei Bücher gemacht hat –, wird dies in den Arbeiten nie explizit ausgesprochen. Für Interpretation soll genügend Platz bleiben.

Fragt man die Künstlerin, welches Projekt sie gern einmal verwirklichen möchte, antwortet sie: "Eine monumentale, drei Meter hohe Keramik." Doch eigentlich möchte sie ressourcensparend arbeiten – und der Ofen wäre dafür sowieso viel zu klein. (Katharina Rustler, 11.1.2021)