Der Kupferball ist kleiner als herkömmliche Spiralen und passt sich besser der Form der Gebärmutter an.

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"Frauen werden hormonmüde", sagt Friedrich Gill, Gynäkologe aus Wien. Er meint damit nicht das matte Gefühl, das sich an manchen Zyklustagen einstellt. Er beschreibt einen Sinneswandel, der ihm bei seinen Patientinnen auffällt: Immer mehr sehen hormonelle Verhütung skeptisch. Um deren Nebenwirkungen zu umgehen, suchen sie andere Verhütungsmethoden, die genauso sicher sind.

Eine Option, die sogar mehr Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft bietet, ist die Kupferspirale. Sie wird in die Gebärmutter eingesetzt, und die auf der Spirale angebrachten Kupferionen sorgen dafür, dass die Spermien weniger beweglich sind. Der Vorteil: Die Spirale ist äußerst sicher, muss, anders als die Pille, im Alltag nicht mitbedacht werden. Sie bringt außerdem nicht die unerwünschten Effekte, die künstliche Hormone bei vielen Frauen haben, und nach dem Entfernen ist die Erfüllung eines Kinderwunsches sofort möglich.

Die Nachteile: Wer stark blutet, sollte die Spirale meiden, weil sie die Blutung womöglich noch verstärkt. Ein weiterer Nachteil, von dem einige Frauen erzählen, ist, dass ihnen die Spirale Schmerzen verursacht. Diese Schmerzen können daher kommen, dass die Spirale an der Gebärmutterwand anstößt, verrutscht oder im schlimmsten Fall den Uterus sogar perforiert.

Ball statt Spirale

Das israelische Unternehmen Ocon Healthcare hat daher einen winzigen Ball entwickelt, der ebenso wie die Spirale Kupferionen freisetzt, die die Spermien bremsen, aber um zwei Drittel kleiner ist, der STANDARD hat berichtet. Wegen seiner runden Form passt er sich besser an den herzförmigen Uterus an, der regelmäßigen Kontraktionen unterliegt. Das Risiko einer Perforation ist deutlich geringer, auch die Wahrscheinlichkeit einer Eileiterschwangerschaft wird verringert.

Der Ball ist in Österreich seit mehreren Jahren zugelassen. Bereits 250-mal habe er ihn eingesetzt, einigen Frauen sogar schon zum zweiten Mal, sagt Frauenarzt Gill zum STANDARD. Ein solcher Eingriff nimmt etwa zwanzig Sekunden in Anspruch und kostet rund 500 Euro. Das ist zwar deutlich weniger, als die stetige Pilleneinnahme im selben Zeitraum kosten würde. Für einige Frauen bzw. Paare können die hohen Einmalkosten dennoch eine Hürde sein. Das weitverbreitete Vorurteil, dass man mit einer Kupferallergie nicht für ein interuterine Applikation infrage kommt, sei übrigens durch nichts begründet, sagt Gill.

Neues Einsatzgebiet

Ocon sucht nun andere Einsatzmöglichkeiten für den Ball. Der Gedanke: Wenn er in der Gebärmutter Kupferionen freisetzen kann, warum nicht auch Medikamente, um bisher kaum therapierbare Krankheiten zu behandeln?

Ein Leiden, das viele Menstruierende betrifft, ist abnormale Blutung. Das können zu starke Blutungen sein oder Blutungen, die zeitlich irregulär sind und den Patientinnen Beschwerden oder Sorgen bereiten, aber nicht auf eine spezifische Erkrankung wie etwa ein Myom oder einen Polypen zurückzuführen sind.

Vor allem für jene Frauen, die chronisch sehr stark bluten, gibt es keine Alternative zu hormonellen Therapien. Patientinnen ohne Kinderwunsch wird oft zu operativen Eingriffen geraten. Entweder wird dabei die Gebärmutterschleimhaut abgetragen oder verödet. In einigen Fällen wird sogar der Uterus entfernt, obwohl es sich dabei um einen schweren Eingriff handelt, der die Patientinnen danach stark einschränkt: In den Wochen nach der Operation ist kein Geschlechtsverkehr möglich, manche Frauen klagen über Inkontinenz.

Ambulanter Eingriff

Ocon testet nun eine neue Version des Balls, der bei außergewöhnlich starken Blutungen helfen soll. Er wird mit einem chemischen Agens, einer Substanz, die die Gebärmutterschleimhaut langsam abträgt und verhindert, dass sich neue Schleimhaut aufbauen kann, versehen. Der Ball wird ambulant eingesetzt und bereits nach dreißig Minuten wieder entfernt, er verbleibt also nicht in der Gebärmutter. Anders als bei der operativen Gebärmutterschleimhaut-Ablation werden Spitalsaufenthalt und Narkose so vermieden. Der Eingriff ist dadurch nicht nur für die Patientin schonender, sondern auch fürs Budget der Krankenkassen, da er weniger Personal, Ausrüstung und Bettenkapazität beansprucht.

Ob und wann die Behandlungsmethode in Österreich einsetzbar sein wird, ist nicht absehbar. Derzeit befindet sich der Ball in Bulgarien in der zweiten Phase der klinischen Tests. Bisherige Tests hätten einen hohen Grad an Wirksamkeit ergeben, sagt Keren Leshem, Geschäftsführerin von Ocon Healthcare. Die Testpersonen, allesamt Frauen mit heftigen Blutungen, hätten bereits drei Monate nach dem Eingriff von einer deutlichen Linderung ihrer Beschwerden berichtet. Die Blutung – gemessen an der Anzahl der Tampons bzw. Binden, die pro Blutung verwendet werden mussten – wurde von den Testpersonen nach dem Eingriff als "normal" beschrieben.

Die Tests konnten allerdings noch nicht bestätigen, dass der Eingriff zu einer nachhaltigen Besserung führt, also zu einer Linderung der Beschwerden, die über ein Jahr hinausgeht. Zwar könnte man ein solches Manko dadurch beseitigen, dass man den Eingriff einfach nach einem Jahr wiederholt, sagt Leshem. Aus Patientinnensicht wäre eine längerfristige Wirkung aber wohl zu bevorzugen. Doch selbst wenn der Eingriff nach einem Jahr wiederholt werden muss, "was wir nicht glauben", sagt Leshem, so wären die unerwünschten Wirkungen deutlich geringer als bei einer Hormonbehandlung oder einer Operation. (Maria Sterkl, 24.1.2021)