Eines lässt sich vorweg nehmen: Die 27. Handball-Weltmeisterschaft in Ägypten wird eine WM des Ausnahmezustandes. Die Austragung des Mega-Events mit erstmals 32 statt 24 Mannschaften wird seit Wochen kritisiert, eine neue Corona-Welle reitet durch das Gastgeberland. Der Plan des umstrittenen, ägyptischen Präsidenten des Handballweltverbandes (IHF), Hassan Moustafa, die Hallen mit bis zu 20 Prozent der Zuschauerkapazitäten zu füllen, wurde indirekt von einem Spielerprotest gekippt. "Es ist peinlich, Partien vor Publikum sind dumm. Die IHF denkt mehr an die Finanzen als an unsere Gesundheit", wurde der norwegische Superstar Sander Sagosen zitiert. Ein gemeinsamer Brief von 14 Kapitänen aus Europas Topnationen an den Veranstalter folgte, der Forderung nach einer WM ohne Zuschauer wurde nachgegeben.

Dänemarks Hirn am Spielfeld heißt Mikkel Hansen. Der 33-jährige, dreifache Welthandballer von Paris Saint-Germain, ist eine Macht im Rückraum.
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Die Handball-WM ist das erste mehrwöchige Großereignis der Sportwelt in Pandemiezeiten. Die Spieler werden in einer Bubble nur Hotelzimmer, Speiseräume und Spielhallen sehen. Gastgeber Ägpten trifft heute zum Auftakt auf Chile, Österreich spielt erstmals am Donnerstag in Gruppe E gegen die Schweiz (18 Uhr), die für die USA nachrückte. Die Amerikaner vermeldeten 18 Coronafällen in der eigenen Mannschaft und zogen ihre Teilnahme zurück. Zuvor hatte bereits Tschechien mehr als zehn Coronafälle gemeldet und für die WM abgesagt. Nordmazedonien rückte nach.

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Durch die Aufblähung des Wettbewerbs ändert sich der Modus. Die ersten drei Mannschaften jeder Vorrundengruppe ziehen in die Hauptrunde ein, die beiden bestplatzierten Mannschaften der insgesamt vier Hauptrundengruppen erreichen dann die Finalrunde beginnend mit dem Viertelfinale. Ab dem Halbfinale (29. Januar) finden die Spiele nur noch in der größten Halle in Kairo statt. Das Endspiel geht am 31. Januar über die Bühne.

Zu den Favoriten zählen die üblichen Verdächtigen: Olympiasieger Dänemark,das seinen WM-Titel verteidigen will, Europameister Spanien, Norwegen, Frankreich oder Kroatien. Weltklasseteams, von denen manche auf wichtige Spieler verzichten müssen. Dänemarks Hirn am Spielfeld heißt Mikkel Hansen. Der 33-jährige, dreifache Welthandballer von Paris Saint-Germain ist eine Macht im Rückraum.

Das Mutterland

Rekordweltmeister Frankreich (sechs Titel) hat nach dem peinlichen Vorrunden-Out bei der EM in Wien etwas gut zu machen, kann dabei aber nicht auf Superstar Nikola Karabatic bauen. Der 36-jährige erlitt im Oktober einen Kreuzbandriss im Knie.

Nie zu unterschätzen ist das Mutterland des Handballsports. Deutschland will auch ohne das starke Abwehrduo Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler von Champions League-Sieger THW Kiel zumindest das Viertelfinale erreichen. Außerdem dürfte Norwegens Sander Sagosen das Turnier erneut dominieren. 2019 war er mit 65 Toren bester WM-Werfer. (Florian Vetter, 13.1.2021)