Die Idee eines Krisenkabinetts hat was für sich.

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Die versuchte Einführung des neuen akademischen Titels Dr.goot (Google Translate) durch eine Ministerin ist also damit beantwortet worden, dass ein volkswirtschaftlicher Experte und Leiter des renommierten Instituts für Höhere Studien statt ihrer berufen wurde. Aber diese Regierungsumbildung ist nicht genug.

Hiezu seien zwei Tageszeitungskollegen zitiert. Die "Presse" lobt den neuen Arbeitsminister Martin Kocher: "Mit Kocher bekommt diese Regierung den dringend benötigten Wirtschafts- und Finanzexperten für oder gegen diese Krise." Also der Finanzminister heißt Gernot Blümel und die Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.

Die "Krone" wiederum schreibt, dass derzeit in der Pandemiebekämpfung alles falsch läuft, und ein Redakteur berichtet auf Twitter von seinem "Tagtraum": "Ein der Lage angemessenes Krisenkabinett mit Mitgliedern aus ÖVP, SPÖ, Neos und Grüne. Zb Gesundheit PRW, Wirtschaft Kocher, Bildung BMR, Umwelt Gewessler, Finanzen parteifreier Experte usw".

Die Schlüsselstelle lautet: "Ein der Lage angemessenes". Der gesundheitliche Aspekt der Corona-Krise ist bisher mehr schlecht als recht gemanagt worden. Österreich kommt trotz Lockdowns von den hohen Infektionszahlen nicht herunter. Die Lage droht sich durch die neue britische Virusvariante dramatisch zuzuspitzen, wie eine gewisse Angela Merkel festhält: "Wenn wir es nicht schaffen, dieses britische Virus abzuhalten, dann haben wir bis Ostern eine zehnfache Inzidenz. Wir brauchen noch acht bis zehn Wochen harte Maßnahmen." Wirtschaftlich drohen noch höhere Arbeitslosigkeit und eine Welle von Firmenpleiten.

Was wäre der Lage angemessen? Das möge jeder entscheiden, nachdem er sich die mangelnde Vorbereitung der Schulen durch Bildungsminister Heinz Faßmann, die Weisheiten der Tourismusministerin Elisabeth Köstinger ("Das Virus verbreitet sich nicht auf der Piste") oder die ständigen Entschuldigungen von Gesundheitsminister Rudolf Anschober für Fehler seines Ressorts in Erinnerung ruft. Anschober stützt sich überdies auf Experten wie den Ages-Chef Franz Allerberger und den Gesundheitsbeauftragten Clemens Martin Auer, die die Entwicklung falsch eingeschätzt haben.

Die Idee eines Krisenkabinetts beziehungsweise einer Regierung unter Einbeziehung der SPÖ und der Neos mit Pamela Rendi-Wagner als Gesundheitsministerin und Vizekanzlerin, Beate Meinl-Reisinger als Bildungsministerin und mit einem noch zu findenden Experten als Finanzminister hat was für sich. Aber bevor sich Bundeskanzler Sebastian Kurz zu so was durchringt, muss die Lage noch viel dramatischer werden. Es ist auch nicht sicher, ob eine solche Krisenregierung funktionieren würde. Sie widerstrebt dem bisherigen Regierungsstil von Kurz, der auf Steuerung von schwachen Ministern durch seine loyale ideologische Kerntruppe setzt.

Aber immerhin haben Kurz und die habilitierte Virologin Rendi-Wagner eine Teststrategie ausgearbeitet, und Meinl-Reisinger ließ durchblicken, dass die Neos notfalls "Verantwortung übernehmen" würden. Vor allem sollte klar sein, dass angesichts der Lage mehr passieren muss als eine einzige Minister-Umbesetzung. (Hans Rauscher, 12.1.2021)