Vor sechs Jahren Trat Leggeri seinen Posten bei Frontex an.

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Schon Anfang Dezember musste sich Fabrice Joêl Roger Leggeri Rücktrittsforderungen europäischer Abgeordneter stellen. Nachdem Details einer Razzia der Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf (Office européen de lutte antifraude) in der Zentrale der europäischen Grenzschutzagentur Frontex in Warschau bekanntgeworden sind, droht dem Frontex-Chef nun das jähe Aus. Auch EU-Innenkommissarin Ylva Johansson drängt auf Antworten.

Schon vor der Olaf- Untersuchung wurde dem Franzosen zur Last gelegt, dass Mitarbeiter seiner Behörde bei sogenannten Pushbacks durch griechische Grenzschützer weggesehen hätten oder gar daran beteiligt gewesen wären. Bei diesen Pushbacks handelt es sich um rechtlich fragwürdige Zurückweisungen von Migranten beim Versuch der illegalen Einwanderung.

Zumindest ein Fall ist dokumentiert, bei dem eine solche Aktion auf offenem Meer vor Lesbos von einem Frontex-Team aus der Luft beobachtet wurde. Leggeri stritt jedoch ab, von den Vorfällen gewusst zu haben. Schon sein Amtsvorgänger Ilkka Laitinen hatte sich 2012 mit Vorwürfen herumschlagen müssen, dass Frontex an Pushbacks beteiligt gewesen sei.

Bei den Durchsuchungen Anfang Dezember interessierte sich Olaf im Besonderen für die Kommunikation zweier Personen: Neben Leggeri wurde auch sein Kabinettschef Thibauld de La Haye Jousselin unter die Lupe genommen.

Zweifelhafter Führungsstil

Weitere Vorwürfe gegen Leggeri betreffen seinen zweifelhaften Führungsstil. Dieser habe zu einer auffälligen Personalfluktuation geführt, heißt es. Es gibt Beschwerden über Mobbing und Günstlingswirtschaft, Franzosen würden bevorzugt behandelt.

Nach Studien der Geschichte und Politik in Paris absolvierte der 1968 in Mulhouse geborene Leggeri die Pariser Eliteschmieden der École normale supérieure (ENS Rue d’Ulm) und der Nationalen Hochschule für Verwaltung, zu deren Absolventen ein guter Teil der Politiker Frankreichs zählt. Danach begann er eine Karriere in der französischen Verwaltung im Innen- und im Verteidigungsministerium, zumeist mit einem Fokus auf Grenzschutz und illegale Migration.

Dazwischen diente Leggeri mit seiner Expertise für einige Jahre auch der Europäischen Kommission und in Frankreichs diplomatischer Vertretung in Seoul. Am 16. Jänner 2015, also vor fast genau sechs Jahren, trat Leggeri dann als Direktor die Nachfolge Laitinens an. (Michael Vosatka, 12.1.2021)