Stefan Webers Prüfung kostete Ministerin Aschbacher ihr Amt.

Foto: Stefan Weber /Joachim Bergauer

Es hat schon eines versierten Jägers verborgener Sprachschätze bedurft, um Kleinode wie "Annahmen sind wie Seepocken" zu heben. Dass er überhaupt auf die Idee kam, der Autorin der "Seepocken" nachzuspüren, sei eigentlich seiner Lebensgefährtin zu verdanken, sagt Stefan Weber (50), Universitätsdozent am Publizistikinstitut der Universität Wien und gefürchteter Unternehmer in Sachen "Plagiatsprüfung".

Seine Partnerin habe beim gemeinsamen Studium eines TV-Interviews der nunmehr ehemaligen Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) kopfschüttelnd darauf hingewiesen, dass "kaum ein Satz ohne Grammatikfehler gelang". Wie wohl die Diplomarbeit aussehe, haben sich beide gefragt. Ein Blick aufs Werk reichte, "nach drei Minuten wusste ich, was los ist", sagt Weber. Plagiate, abgeschriebene, desaströse, oft absurde Textpassagen. Eine wissenschaftliche Minderleistung, die Aschbacher schließlich das Ministeramt kostete.

Unredliches Arbeiten

Für Plagiatsprüfer Weber jedenfalls ein weiterer Schritt in seinem Vorhaben, mit dem er sich durch die Dokumentierung unredlichen wissenschaftlichen Arbeitens auch einen Unternehmenszweig – neben seiner Lehrtätigkeit und seinen Publikationen (Das Google-Copy-Paste-Syndrom) – eröffnet hat. Professoren, Berufsschullehrer, Beamte, Journalisten und eben auch Politiker zählen zu seinen Studienobjekten.

Der heutige EU-Kommissar Johannes Hahn, der SPÖ-Politiker Thomas Drozda und der Direktor der Wiener Staatsoper, Bogdan Roščić, standen schon auf seiner Agenda. Der ehemalige steirische Landesrat Christian Buchmann (ÖVP) musste seinen Doktortitel zurückgeben. An die 30 wissenschaftliche Arbeiten hat Weber, zum Teil als Auftrag, zum Teil aus Interesse, bisher überprüft. Der Großteil, einige Hundert, fällt aber in seinen Vorlesungen an. Jede Arbeit von Studierenden wird penibel gecheckt, sagt Weber, der 1996 an der Universität Salzburg mit einer Arbeit zu konstruktivistischen Medientheorien promoviert hat.

Weber sieht sich – den pekuniären Nebeneffekt seiner Plagiatsprüfungen durchaus genießend – auch "moralisch" angetrieben. "Es geht mir, was ich seit Jahren predige, um wissenschaftliche Redlichkeit." Immerhin war er selbst Opfer eines Plagiators. Das war eigentlich der Anstoß für seine Karriere als "Plagiatsjäger". Den emotionalen Ausgleich zur Wissenschaft findet Weber in der Musik: "Ich gehöre zur Neigungsgruppe der seltsamen Musik. Amon Düül II und so." (Walter Müller, 12.1.2021)