Zur Wochenmitte haben sich ÖVP, Grüne und SPÖ darauf geeinigt, wie ein "Reintesten" für die Zeit nach dem Ende des Lockdowns am 24. Jänner erfolgen soll – das entsprechende Gesetz wurde am Donnerstag vom Nationalrat beschlossen, am Freitag erfolgt die Zustimmung des Bundesrats. Nachdem die Opposition zu Jahresbeginn das von der Regierung vorgesehene "Freitesten" für Gastronomie & Co geschlossen abgelehnt hat, sind die Koalitionsparteien der SPÖ in einigen Punkten entgegengekommen, sodass diese schon am Mittwoch ihren Sanktus zur Novelle gab.

Corona-Massentests in Wien: Nach dem Lockdown soll man sich in bestimmte Bereiche des öffentlichen Lebens "reintesten" können.
Foto: APA / Herbert Neubauer

Ein Überblick, um welche Bereiche des öffentlichen Lebens es sich dabei handeln wird – und auch bestimmte Berufsgruppen mit viel Kundenkontakt sowie Schüler sollen sich regelmäßig testen lassen oder eine FFP2-Maske tragen müssen.

Bei Kultur- und Sportveranstaltungen wird es theoretisch die Option geben, daran mit einem negativen Corona-Testergebnis teilzunehmen, praktisch befindet sich Österreich ja noch im Lockdown, der verlängert werden könnte. Auch das Einchecken in Hotels – und damit Urlaub – soll danach ermöglicht werden. Ein Konfliktherd zwischen den Regierungsfraktionen und der SPÖ blieb allerdings die Gastronomie – Rot lehnt ein "Reintesten" in diesem Bereich ab, hier wollten die Sozialdemokraten eine entsprechende Zusicherung des grünen Gesundheitsministers Rudolf Anschober vernommen haben. Doch er selbst stellte schon am Mittwochabend via APA klar, dass es kein grünes Licht dazu von ihm gebe – per nachfolgende Verordnung werde festgelegt, für welche Bereiche das "Eintrittstesten" realisiert wird. Überhaupt bleibt vieles offen, da dem Gesundheitsminister auf diesem Weg einiges an Spielraum eingeräumt wird – etwa auch die Dauer, wie lange ein Testergebnis gilt.

Kritik auch von Harald Mahrer

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) erklärte dazu im Ö1-"Morgenjournal": Zum jetzigen Zeitpunkt lasse sich noch nicht sagen, wann die Regelungen in der Gastronomie erstmals angewandt werden, vonseiten der Politik heiße es "einmal Hü, einmal Hott". Ob die Gastronomie mit einem "Reintesten" leben könne? Hier gab Mahrer zu Bedenken, dass kleine Lokale mit der Kontrolle der Tests überfordert sein könnten. Keinen Testnachweis braucht es übrigens für den Handel, dieser ist in den Erläuterungen des Gesetzes ausgenommen. Hier drängt Mahrer, der sich eine stärkere Einbindung der Sozialpartner gewünscht hätte, auf eine baldige Öffnung – "und sei es um den Preis des Tragens von FFP2-Masken".

Zu alledem wurde im Nationalrat die gesetzliche Basis dafür geschaffen, dass in Betrieben sowohl Test- als auch in späterer Folge Impfstraßen errichtet werden können, die vom Bund finanziert werden und für Mitarbeiter gratis sein sollen – dieser Punkt war der SPÖ sehr wichtig. Zudem sollten als rotes Anliegen die sogenannten "Wohnzimmertests" arbeitsrechtlich verankert werden, also dass sich Mitarbeiter zu Hause selbst testen können. In Sachen Generalkollektivvertrag hat es übrigens gute Fortschritte mit den Sozialpartnern gegeben, wie signalisiert wurde. Dabei dürfte unter anderem festgelegt werden, dass Tests während der Arbeitszeit absolviert werden können und eine Maskenpause kommt, damit Mitarbeiter mit MNS-Schutz in regelmäßigen Abständen durchschnaufen können.

Passend zum Thema stand auf dem Programm der Nationalratssitzung am Donnerstag auch die Vorstellung des neuen Arbeitsministers Martin Kocher – sowie eine entsprechende Änderung des Bundesministeriengesetzes, die nach dem Abgang von Christine Aschbacher (ÖVP) notwendig wurde.

Heftige Bedenken von FPÖ

Die Neos standen der Einigung zum "Freitesten" jedenfalls höchst kritisch gegenüber. Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker zum STANDARD: "Warum reden wir über Zugangstests, wenn der Lockdown wohl ohnehin verlängert wird?" Ebenso ergab es für ihn keinen Sinn, dass zuletzt Corona-Geimpfte für Veranstaltungen et cetera getestet werden sollten, Personen, die in den letzten drei Monaten die Erkrankung durchgemacht haben, hingegen nicht – letzterer Passus ist jedoch im türkis-grün-roten Antrag von Donnerstagmittag, also quasi in letzter Minute, noch korrigiert worden. Zu Ausnahmen kommt es für bereits Erkrankte also nicht. Von den Neos kam dann sachte Zustimmung, obwohl Loaker die Vorlage zwar nicht berauschend, aber besser und gezielter als die bisherigen Vorhaben fand.

FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak wiederum erklärte auf Anfrage: Seine Partei lehne die "Reintestpläne" ebenso ab wie die ursprünglichen "Freitestpläne". In beiden Fällen werde die gesamte Bevölkerung unter generellen Krankheitsverdacht gestellt. "Dieser massive Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte unserer Bürger ist vollkommen unverhältnismäßig und auch praktisch nicht durchführbar." Zudem solle Gesundheitsminister Anschober allzu weit gehende Verordnungsermächtigungen rund um das "Reintesten" bekommen.

Aufatmen bei der SPÖ

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, früher für die öffentliche Gesundheit zuständig, begrüßte hingegen via Aussendung, dass es endlich eine umfassende, vernünftige Teststrategie geben werde. Neben dem Impfen sei viel Testen ein wichtiger Schlüssel, um sicher durch die nächsten Monate zu kommen. Positiv sei, dass im Sinne des Gesundheitsschutzes hier gemeinsam ein gutes Paket geschnürt werden konnte und viele ihrer Vorschläge übernommen worden seien.

Doch kann die Gastronomie überhaupt so einfach vom "Reintesten" ausgenommen werden? Der Verfassungsjurist Peter Bußjäger von der Uni Innsbruck erklärt dem STANDARD dazu auf Anfrage: "Dass man Ausnahmen vornimmt, ist durchaus möglich, aber sie müssen medizinisch und epidemiologisch gut begründet sein" – es müsse also geklärt sein, "ob eine durchschnittliche Veranstaltung ein höheres Corona-Risiko aufweist als der durchschnittliche Besuch im Handel oder in der Gastronomie". Die Regierung müsse ihr Ansinnen daher auf Basis medizinischer Expertise gut begründen, ansonsten hätten Beschwerden wegen Diskriminierung Aussicht auf Erfolg. (Nina Weißensteiner, Jan Michael Marchart, 14.1.2021)