In Westtirol und Vorarlberg ist tiefer Winter eingezogen: Nach intensiven Schneefällen und starkem Wind in der Nacht herrscht am Donnerstag in Vorarlberg oberhalb der Waldgrenze große Lawinengefahr. Bis Donnerstagfrüh fielen verbreitet 40 bis 50 Zentimeter Neuschnee, lokal auch mehr. Dabei kehrte der Winter auch in den Niederungen ein.

Es wurde Lawinenwarnstufe vier ausgerufen, die Hauptgefahr ging vom Neu- und Triebschnee aus. Es seien spontane Lawinenabgänge zu erwarten, auch einzelne Wintersportler seien in der Lage, Schneebretter auszulösen, hieß es beim Warndienst.

Bis Donnerstagfrüh fielen in Vorarlberg verbreitet 40 bis 50 Zentimeter Neuschnee.
Foto: DIETMAR STIPLOVSEK

Lawine traf Wohnhaus

Im Arlberggebiet mussten Straßen gesperrt werden, Ortschaften waren abgeschnitten. Auch in niedergelegenen Regionen des Landes mussten die Verkehrsteilnehmer lange Verzögerungen in Kauf nehmen. Besonders viel Geduld war rund um Bregenz vonnöten. Weil in Deutschland viele Lkw auf schneebedeckter Fahrbahn liegen geblieben waren, kam es zu einem Rückstau, der eine Sperre des Pfändertunnels nötig machte.

In Klösterle (Arlberg) traf eine Lawine gegen 3.50 Uhr ein Wohnhaus, in dem sich sechs Personen aufhielten. Die Schneemassen drangen durch ein Fenster in den Hausgang, verletzt wurde niemand. Der Abgang der "Wildentobel-Lawine" verlegte die Klostertalerstraße (L 97) auf einer Länge von rund 200 Metern, die Straße blieb bis auf weiteres gesperrt. In Dalaas (Bezirk Bludenz) rutschte ein Schneefahrzeug beim Zurücksetzen zehn Meter einen Abhang hinunter. Das Fahrzeug kam auf dem Dach liegend zum Stillstand. Ein 36-jähriger Beifahrer war kurzzeitig mit den Beinen darunter eingeklemmt, er und der 28-jährige Lenker wurden leicht verletzt ins Landeskrankenhaus Feldkirch eingeliefert.

Nicht passierbare Straßen

Die Straßenverhältnisse gestalteten sich vor allem in höheren Lagen schwierig. Die Arlberg-Schnellstraße (S16) war zeitweise wegen hängen gebliebener Fahrzeuge gesperrt, wegen Lawinengefahr nicht befahrbar war laut ÖAMTC auch die Arlbergstraße (L197) zwischen Langen am Arlberg und St. Anton. Damit waren die Vorarlberger Arlberg-Orte nicht mehr auf dem Straßenweg erreichbar. Auch der hinterste Abschnitt der Bregenzerwaldstraße (L200) war betroffen, womit auch Warth von der Umwelt abgeschnitten war.

Ebenfalls nicht erreichbar war Gargellen im Montafon. Geschlossen werden musste zudem die Verbindung von Schruns nach Bartholomäberg (Montafon). In der Berggemeinde blieben viele Straßen sowie Volksschule und Kindergarten am Donnerstag geschlossen. Auf den höher gelegenen Straßen Vorarlbergs herrschte Schneekettenpflicht für Lkw.

Bundesheer um Hilfe gebeten

Auch die ÖBB sperrten wegen der Schneemengen und der Lawinengefahr die Arlbergbahnstrecke bis vorerst 16 Uhr. Ein Schienenersatzverkehr sei eingerichtet, so Pressesprecher Christoph Gasser-Mair. Allerdings sollten Reisende ausreichend Zeitreserven einplanen und sich vor Reiseantritt über den aktuellen Stand informieren, denn aufgrund der Straßensituation könne es zu Verzögerungen kommen.

Aufgrund der Lage bat das Land Vorarlberg das Bundesheer um Mithilfe, gab der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP) bekannt. Im Rahmen eines Assistenzeinsatzes wurde ein Hubschrauber für Transport- und Erkundungsflüge angefordert, zudem soll der Lawineneinsatz-Zug zur Unterstützung der lokalen Einsatzkräfte und der Gemeinden in Bereitschaft versetzt werden.

Schneewarnung bis Freitag

Laut Angaben der ZAMG in Innsbruck schneite es den ganzen Tag über im ganzen Land, dabei kamen auch in den Niederungen zwischen 50 und 60 Zentimeter Neuschnee hinzu. Diese Werte waren etwa in Laterns, Langen am Arlberg oder Warth im Bregenzerwald bereits gegen Mittag erreicht – in höheren Lagen, vor allem im Arlberg- und Silvrettagebiet, kam bis zum Abend über ein Meter Neuschnee hinzu. "Es ist aber noch nicht vorbei", warnte man seitens des ZAMG Wetterdienstes. Nach einer kurzen Beruhigung am Nachmittag waren für die Nacht auf Freitag weitere Schneefälle prognostiziert. Es gelte bis Freitag, 9.00 Uhr, eine Schneewarnung, erst dann sollen die Schneefälle abklingen.

Verkehrsprobleme in Tirol

Auch in Tirol haben die Schneefälle für Verkehrsprobleme gesorgt. Vor allem auf der Brennerautobahn (A13) blieben Lkws ohne Ketten hängen, hieß es von der Polizei. Auf der Inntalautobahn (A12) kam es in den Morgenstunden zu Staus. Ein Unfall, bei dem ein Kleintransporter auf einen Lkw aufgefahren war, führte zudem zu Verzögerungen.

In St. Leonhard im Pitztal (Bezirk Imst) auf der Pitztaler Landesstraße erfasste eine Lawine einen Pkw. Das Schneebrett war in einer Steilrinne zwischen dem Steinkogel und Brandkogel abgegangen und verschüttete die Straße laut Polizei auf einer Länge von rund 50 Metern. Dabei wurde auch das Auto eines 18-Jährigen erfasst, jedoch nicht verschüttet. Der Fahrzeuglenker konnte seinen Wagen selbstständig verlassen und blieb unverletzt.

Lawine verschüttete Straße

Auch bei Reith im Alpbachtal (Bezirk Kufstein) war eine Lawine auf die Alpbacher Landesstraße abgegangen. Die Straße wurde auf einer Länge von rund 100 Metern verschüttet. Es wurden dabei weder Menschen verletzt, noch entstand Sachschaden. Die Straße musste jedoch während der Räumung für rund eine Stunde gesperrt werden.

Wegen der drohenden Lawinengefahr mussten zahlreiche Straßen in einigen Tälern gesperrt werden. Dies betraf etwa im Außerfern die Lechtalstraße. Auf vielen Straßen herrschte außerdem Schneekettenpflicht.

Verkehrsprobleme in Tirol.
Foto: APA/ZOOM.TIROL

Am meisten Schnee blieb bis Donnerstagfrüh in Landeck liegen, hier schneite es bis zu einem halben Meter. Im Raum Innsbruck fielen 30 Zentimeter Schnee, im Laufe des Tages könnten es in der Landeshauptstadt sogar 40 Zentimeter werden, hieß es von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Insgesamt zeigte sich in Tirol aber ein sehr differenziertes Bild – so verzeichnete man in Kufstein nur sieben Zentimeter Schnee.

Warnung an Wintersportler

Die Kombination aus ergiebigen Schneefällen und dem bevorstehenden schönen Wetter veranlasste das Land Tirol dazu, Wintersportler zur Vorsicht zu mahnen. Vor allem in Hinblick auf das kommende schöne Wetter. Im freien Gelände solle man dringend Vorsicht und Zurückhaltung üben, so Rudi Mair vom Lawinenwarndienst Tirol.

"Durch die teilweise recht großen Triebschneeansammlungen können Lawinen an vielen Stellen sehr leicht ausgelöst und gefährlich groß werden. Die lange Kälteperiode vor dem Schneefall hat zudem auf der Altschneedecke Oberflächenreif entstehen lassen. Die spröden Triebschneeansammlungen lagern sich deshalb auf einer ungünstigen Altschneeoberfläche ab", erklärte Mair die Situation.

Sturmböen blockierten Autoschleuse Tauernbahn

Auch der Betrieb der Autoschleuse Tauernbahn wurde am Donnerstag eingestellt. Wie die ÖBB in einer Aussendung mitteilten, würden Sturmböen mit massiven Schneeverwehungen eine gefahrlose Autoverladung in Mallnitz verhindern. Fernverkehrszüge zwischen Kärnten und Salzburg sind davon nicht betroffen. Wegen des Neuschnees galt am Vormittag in Kärnten auch auf zahlreichen höhergelegenen Straßen Kettenpflicht.

Im Inntal soll es über Mittag noch kräftig schneien, für den Nachmittag ist aber bereits eine Beruhigung in Sicht. In der Arlbergregion soll es dagegen bis Freitag so weitergehen. Dann wird es laut Prognosen auch hier aufhören und sogar überwiegend sonnig werden. Erst am Sonntag werden die nächsten Niederschläge erwartet, die aber schwächer ausfallen sollen. (APA, red, 14.1.2021)