Der ÖVP-Politiker zog eigenwillige politische Konsequenzen: Er legte sein Landtagsmandat zurück, Bürgermeister aber blieb er

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Linz – Am Donnerstag hat der Prozess gegen einen oberösterreichischen Landtagsabgeordneten und Bürgermeister begonnen, der wegen mehrfacher Vergewaltigung, sexueller Belästigung und Verleumdung vor Gericht steht. Der ÖVP-Politiker bestreitet die Vorwürfe; sein Anwalt hat angekündigt, dass er sich nicht geständig verantworten wird. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Angeklagte ging schweigend an den vor dem Schwurgerichtssaal wartenden Medienvertreten vorbei, Fragen wollte er keine beantworten. Vielmehr zog er sich rasch mit seinem Verteidiger zu einer Besprechung in einen Seitengang des Gebäudes zurück. Im Saal selbst machten Staatsanwältin und Richter darauf aufmerksam, dass sie in der Berichterstattung nicht erkennbar sein wollen.

Mann wird dreifacher Vergewaltigung einer Mitarbeiterin beschuldigt

Die Anklagebehörde wirft dem Mann vor, in der Zeit von 2014 bis 2016 eine Mitarbeiterin zweimal sexuell belästigt und dreimal vergewaltigt zu haben. Nach langem Schweigen machte es die Frau schließlich in einer Gemeinderatssitzung öffentlich. Anschließend soll der Bürgermeister versucht haben, sie mit einer zivilrechtlichen Klage zum Schweigen zu bringen – er brachte sogar eine Anzeige wegen Verleumdung gegen sie ein.

Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren brachte die Staatsanwaltschaft aber zu dem Schluss, dass eine Täter-Opfer-Umkehr vorliege. Sie stellte das Verfahren gegen die Mitarbeiterin ein und erhob im November Anklage gegen den Abgeordneten, wobei sie sich unter anderem auf DNA-Spuren stützt, die die Frau aufbewahrt hat. Gegenüber den Ermittlern soll der Angeklagte behauptet haben, bei der DNA-Spur müsse es sich um ein manipuliertes Beweisstück handeln.

Während der Beschuldigteneinvernahme wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, das soll aber laut dem Vorsitzenden nicht den gesamten Prozess über so bleiben. Denn der Privatbeteiligten-Vertreter hatte sich gegen einen Ausschluss ausgesprochen und das damit begründet, dass sich der Politiker kurz vor Weihnachten in einer Postwurfsendung selbst an die Gemeindebürger gewandt habe. In dem offenen Brief habe er die Vorwürfe bestritten und in den Raum gestellt, dass das mutmaßliche Opfer die Unwahrheit sage.

Trotz Anklage blieb der Mann Bürgermeister

Ein Urteil am ersten Prozesstag ist eher nicht zu erwarten. Die Strafdrohung für den schwersten Vorwurf der Anklage liegt bei fünf bis 15 Jahren, ein Mandatsverlust erfolgt üblicherweise ab einer Strafe von einem Jahr unbedingt.

Laut ÖVP bestreite der Politiker die Vorfälle massiv. Es sei aber klar, dass es im Fall einer Verurteilung "umgehend entsprechende Konsequenzen geben wird", hieß es aus der Landespartei. Der Sprecher der Bürgermeisterplattform Günter Engertsberger (SPÖ) hat indes kritisiert, dass man über Monate hinweg "wider besseren Wissens das Tuch des Schweigens" über den Fall geworfen habe. (APA, red., 14.1.2021)