Wattens – Das Einzige, was in Wattens momentan glitzert, ist der frisch gefallene Neuschnee. Denn beim unternehmerischen Erkennungsmerkmal des Ortes gehen die Einsparungen im großen Stil weiter. Nach dem massiven Mitarbeiterabbau vergangenes Jahr am Hauptstandort geht es nun bei den Shops weiter. Swarovski sperrt ein Drittel aller Geschäfte in Österreich zu, konkret schließen 33 von 102 Shops. Auf internationaler Ebene bedeutet das das Ende für 750 von 3.000 Filialen. Dabei betreffe es in etwa zu gleichen Teilen die selbst betriebenen und die Franchisegeschäfte – derzeit je 1.500.

Nähere Erläuterungen für das Ansetzen des Sparstifts waren vom Konzern vorerst nicht zu erfahren. Allerdings kommen die Schließungen nicht aus dem Nichts. Der neue Chef Robert Buchbauer forciert eine Neuausrichtung des Konzerns – dass dieser auch Arbeitsplätze und Geschäfte zum Opfer fallen würden, war bekannt. Dass der Umsatz im Krisenjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr – auch und vor allem wegen des weltweiten Lockdowns – wohl um 30 Prozent zurückging, beschleunigt den Wandel.

Weltweite Lockdowns haben dem Swarovski-Konzern einen herben Rückgang der Umsätze gebracht.
Foto: Matthias Cremer

Schon im vergangenen Jahr sorgte Swarovski wegen des massiven Stellenabbaus in regelmäßigen Abständen für Schlagzeilen. Der Kristallkonzern hatte im Juli angekündigt, man werde in Wattens von den derzeit noch bestehenden 4.600 Stellen weitere 1.000 abbauen. Mittelfristig würden am Hauptsitz rund 3.000 Menschen beschäftigt sein. Denn bis 2022 soll sich der Mitarbeiterstand noch einmal um 600 Stellen verringern.

Umstrittene Neuausrichtung

Zu Buchbauers grundsätzlicher Neuausrichtung des Konzerns gehört ein stärkerer Fokus aufs hochpreisige Segment. Swarovski-Schmuck soll teurer werden. Auch wenn der Einstiegspreis weiterhin bei weniger als 100 Euro liegen wird, soll es künftig im Schnitt weniger Auswahl und höhere Preise geben.

Man wolle nicht mehr für die Masse produzieren, sondern im Hochpreissegment stärker Fuß fassen. Nicht nur, weil die Margen in teureren Segmenten größer sind. Es sei außerdem dem Markenimage nicht dienlich, wenn Swarovski-Kristalle auf Zehn-Euro-T-Shirts prangen.

Zusätzlich will Buchbauer das Komponentengeschäft zurückfahren, in dem aufgrund billiger Konkurrenz aus dem Ausland kaum Margen erwirtschaftet werden. Zur Erinnerung: Das Komponentengeschäft betrifft die Steine, die an andere Unternehmen verkauft und von diesen wiederum für T-Shirts oder Accessoires weiterverarbeitet werden. Es sitzt in Wattens – deshalb der Stellenabbau am traditionellen Firmensitz.

Familienzwist

Swarovski hat als Konzern allerdings nicht nur mit Kennzahlen und "üblichen" betriebswirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Zuletzt trug die glitzernde Großfamilie auch interne Streitigkeiten an die Öffentlichkeit. Nicht alle in der Großfamilie heißen Buchbauers Neuausrichtung des Konzerns gut. Zwar befürworteten rund 80 Prozent der Gesellschafter Buchbauers Pläne. Eine bei der Abstimmung unterlegene Gruppe beharrt allerdings darauf, dass solch weitreichende Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden können. Gutachten wurden eingeholt, die Frage beschäftigt längst Juristen. Die Unternehmensführung gibt sich gelassen, die gefassten Beschlüsse seien rechtswirksam.

Der Tiroler Kristallkonzern Swarovski will 33 Shops in Österreich schließen.
Foto: Matthias Cremer

Siechtum der Schmiede

Ob Kristallstatuetten, Goldohrringe oder Silberketten: Schmuckgeschäfte kamen bisher ohne größere Katastrophe durch die Krise. "Goldschmiede mit Privatkunden aus Österreich kamen halbwegs über die Runden, das generelle Minus wurde dadurch aber nur abgeschwächt", sagt Landesinnungsmeister der Gold- und Silberschmiede Wolfgang Hufnagl im Gespräch mit dem STANDARD. "All jene, die auf den Tourismus angewiesen sind, hatten klarerweise schwere Verluste." Das hänge einerseits damit zusammen, dass die Touristen in den Innenstädten ausblieben, andererseits weil Silberhändler ihre Reisen nach Asien nicht antreten konnten.

Insgesamt gibt es rund 600 Gold- und Silberschmiedbetriebe in Österreich, von Schließung weiß Hufnagl bisher noch nichts. Sein bisheriges Krisen-Resümee fällt verhältnismäßig gut aus, dafür sind seine Erwartungen umso negativer. "Wenn erst einmal die Kurzarbeit ausläuft und es zu vielen Kündigungen kommt, wird es bei uns wirklich schwer werden", meint er. (Andreas Danzer, Aloysius Widmann, 14.1.2020)