Keine leichten Zeiten für Arbeitnehmervertreter. Gewerkschaftschef Wolfgang Katzian und Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl fordern weitreichende Maßnahmen, um die Rekordarbeitslosigkeit abzufedern.

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Die jüngst zurückgetretene Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) hatte im September ein Homeoffice-Gesetz angekündigt – für März. Kritiker äußerten wenig Verständnis für die gemächliche Geschwindigkeit. Jetzt könnte die Regelung doch deutlich schneller stehen.

Bei einer arbeitsrechtlichen Absicherung des Homeoffice habe man bereits mit Aschbacher eine Einigung erzielt, sagten Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer (AK), und Gewerkschaftsboss Wolfgang Katzian am Freitag. Hinter der Einigung würde auch Aschbachers jüngst angelobter Nachfolger, Martin Kocher (ÖVP), stehen. Der Entwurf liege nun bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Offen sind letzte steuerliche Fragen, etwa in Zusammenhang mit der Einrichtung des Büros zu Hause. Katzian rechnet mit einer Einigung in ein bis zwei Wochen. Details zum Paket wollte er nicht preisgeben. Es handle sich um ein Gesamtpaket, und es sei nicht sinnvoll, einzelne Punkte herauszupicken.

Was man weiß: Die Homeoffice-Regelung betrifft beispielsweise Fragen der Unfallversicherung am Arbeitsplatz, der gleichzeitig auch das Zuhause ist. Auch Regelungen für Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind vorgesehen. Beschäftigte sollen die Kosten im Homeoffice steuerlich absetzen können – an Art und Höhe der Absetzbarkeit tüftelt das Finanzministerium noch.

Katastrophale Lage

Fragen zum Homeoffice waren aber nicht das Hauptthema der freitäglichen Pressekonferenz von AK und ÖGB. Die Arbeitnehmervertreter forderten angesichts der – in Renate Anderls Worten – "katastrophalen" Lage am Arbeitsmarkt die Bundesregierung zu weitreichenden Maßnahmen auf, um Menschen wieder in Beschäftigung zu bekommen. Es brauche in der Krise mehr Staat.

Zwar sei das oberste Ziel die Gesundheit der Menschen. Aber man dürfe das Ziel, Menschen in Arbeit zu bekommen und vor Armut zu bewahren, dabei nicht aus den Augen verlieren. Eine wichtige Maßnahme gegen Armut und soziale Ausgrenzung sei etwa eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes.

Gemeinsame Offensive

Dass der jüngst angelobte Arbeitsminister Martin Kocher einer dauerhaften Erhöhung des Arbeitslosengeldes skeptisch gegenübersteht, nehme man zur Kenntnis – aber nicht zum Anlass, von der Forderung abzugehen. Schließlich sei es oft so, dass sich politische Forderungen nur mit Beharrungskraft und mit viel Geduld durchsetzen lassen.

Außerdem ist eine Reform des Arbeitslosengeldes längst nicht die einzige Forderung der Arbeitnehmervertreter, die eine breit angelegte Beschäftigungsoffensive mit Regierung und Sozialpartnern anregen.

Staat soll Jobs schaffen

Die AK-Präsidentin fordert etwa, dass der Staat vermehrt einstellt. Schüler brauchen jetzt mehr Lehrer und Schulpsychologen, Pflegeheime brauchen jetzt mehr Pfleger, argumentierte Anderl, dass neue Stellen im öffentlichen Sektor nicht nur die Arbeitslosigkeit reduzieren würden, sondern auch zusätzlich Nutzen brächten.

Es brauche außerdem eine Bildungsoffensive, um besonders jugendlichen Arbeitslosen eine Perspektive zu geben. Für Langzeitarbeitslose brauche es eine Jobgarantie.

Corona-Altersteilzeit

ÖGB-Chef Wolfgang Katzian warnte, dass die Wirtschaftskrise die Gesundheitskrise überdauern werde. Um einen möglichen Jobabbau bei vielen Unternehmen abzufedern, schlug Katzian eine Anpassung der Altersteilzeit vor. Anspruch auf Corona-Altersteilzeit sollen Arbeitnehmer ab zehn Jahren vor der Pensionierung haben.

Einmal mehr wiederholten AK und ÖGB ihre Forderung nach einer Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer. Der erste Schritt dorthin sollte eine "Corona-Vermögensabgabe" sein, so Anderl. Es gehe darum, Vermögen gerecht zu verteilen. (luis, APA, 15.1.2021)