Kickl kritisiert die Löschung seiner Parlamentsrede durch Youtube als Zensur.

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Man kennt es bereits: FPÖ-Funktionäre stellen Behauptungen auf, diese werden schnell richtiggestellt – und schon scheint sich eine Möglichkeit für die Freiheitlichen aufzutun, ihre selbst generierte Opferrolle auszukosten. Auch im jüngsten Fall, also Youtubes Löschung einer Parlamentsrede von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, sieht es nicht anders aus. Als "nächsten Anschlag" auf die "parlamentarische Redefreiheit" bezeichnet er diese. Dabei war seine Ansprache voller gefährlicher Corona-Falschinformationen. Und die Löschung Youtubes gutes Recht.

Nicht nur die Schulschließung bezeichnete Kickl als Humbug, auch die Maskenpflicht in den Klassenzimmern nannte er "unmenschlich". Denn die Regierung bestehe nur aus "Lockdown-Fetischisten". Außerdem sei die Sinnhaftigkeit der Corona-Impfung laut Kickl fraglich, und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner klinge wie "eine Sprecherin der Pharmaindustrie". Gesunde Österreicher würden hingegen zu "Versuchskaninchen" werden.

Klare Nutzungsbedingungen

Verpflichtet, den Angriffen Kickls eine Plattform zu bieten, ist Youtube auf keinen Fall. Denn in den Community-Richtlinien des Videodienstes wird schon seit Mai letzten Jahres klargestellt, dass die Verbreitung medizinischer Falschinformationen verboten ist und eine Löschung von Videos nach sich zieht. Auch Zensur ist das nicht, wie FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst am Donnerstag – ironischerweise im Hauptnachrichtenprogramm des ORF – behauptet hat. Denn private Firmen können frei entscheiden, wer ihre Dienste nutzen darf und wer nicht.

Ebenso wenig haben Politiker ein Grundrecht darauf, privatwirtschaftlich organisierte Social-Media-Netzwerke als persönliches Sprachrohr zu nutzen, um ungefiltert Falschinformationen an tausende Menschen zu verbreiten – vor allem dann, wenn diese wortwörtlich Menschenleben kosten könnten. Denn ebenso wie jedes Gasthaus, haben auch diese Plattformen ein Hausrecht, das im Falle eines Regelbruchs den sofortigen Rauswurf erlaubt.

Zu späte Reaktionen?

Die Frage, ob es ganz grundsätzlich eine gute Idee ist, fast jegliche Online-Kommunikation über die Netzwerke weniger "Big Tech"-Konzerne abzuwickeln, ist allerdings eine hiervon unabhängige – wenn auch wichtige – Diskussion. Die Löschung der Rede Kickls ist hingegen ein weiterer Beweis dafür, dass Deplatforming wirkt, und sie wirft die Frage auf, ob die Betreiber der Dienste womöglich schon viel früher hätten eingreifen sollen. (Mickey Manakas, 16.1.2021)