Foto: CD Projekt Red

In einem sehr ausführlichen Bericht zum Entwicklungsprozess von Cyberpunk 2077 wird jetzt dargelegt, wie CD Projekt Red mit gezielter Täuschung und schlechten Einschätzungen das Fiasko rund um den Release zum klaren Eigenverschulden machte. Mit besserem Management hätte man wohl Klagen gegen das Studio und die Entfernung aus dem Playstation-Store verhindern können.

Enormer Druck

Jason Schreier von Bloomberg beschäftigte sich in den letzten Monaten ausführlich mit den Geschehnissen rund um den Release von Cyberpunk 2077, interviewte Mitarbeiter und deckte so vieles auf, was den missglückten Start des Spiels erklärt. So arbeitete der Entwickler CD Projekt Red bei der Ankündigung von Cyberpunk 2077 im Jahr 2012 noch mit aller Kraft an Witcher 3. Erst 2016 wechselte man den Fokus vollends auf das neue Spiel. Viel zu spät für solch ein großes Projekt. Die eindrucksvolle Demonstration auf der Fachmesse E3 im Jahr 2018 wurde mit allerlei Tricks zum Laufen gebracht, zitiert Schreier Mitarbeiter des Studios. So waren die zugrundeliegenden Gameplay-Systeme noch nicht fertiggestellt, weshalb Features, wie etwa die Autoüberfälle, im Endprodukt fehlten. Die Demo sei reine Zeitverschwendung gewesen, die Monate gekostet hätte, so der Tenor der Mitarbeiter im Bericht von Bloomberg.

Schnell ergab sich auf die Entwickler ein enormer Zeitdruck, trotz der Versprechen des Managements, keine Überstunden machen zu müssen. Der Audio-Programmierer Adrian Jakubiak kündigte während der Entwicklung. "Es gab Zeiten, da habe ich bis zu 13 Stunden am Tag geschuftet – ein bisschen mehr als das war wahrscheinlich mein Rekord – und ich habe fünf Tage in der Woche so gearbeitet. Ich habe einige Freunde, die ihre Familien wegen dieser Art von Blödsinn verloren haben." Als man das Veröffentlichungsdatum mit April 2020 verkündete, wurden intern Wetten abgeschlossen, wann eine Verschiebung beschlossen würde. Die Entwicklung für PS4 und Xbox One wurde laut Schreier völlig falsch eingeschätzt und bis zuletzt nicht ernst genug genommen. Schließlich brachten die Covid-Maßnahmen zusätzliche Probleme, etwa Programmierer, die ihre Fortschritte zuhause testen mussten und sich offenbar nur schlecht mit der Qualitätssicherungs-Abteilung absprechen konnten.

Der neue Fahrplan für kommende Updates.
Foto: CD Projekt Red

Ende eines Dramas

Am Ende übersah man zahlreiche Fehler, die auch aufgrund der mangelnden Zeit ohnehin nicht mehr behoben hätten werden können und musste zudem noch Inhalte streichen, um das Spiel zumindest noch im Dezember 2020 veröffentlichen zu können. Das Ergebnis waren unzählige Beschwerden und ein Verlust des Aktienwerts um 50 Prozent. Das bisherige Ende der Geschichte markierte eine Video-Botschaft von CD Project Red Mitgründer Marcin Iwińsky, der sich für die Fehler der Konsolenversion entschuldigte und einen neuen Fahrplan für kommende Verbesserungen vorstellte.

Auf den Bloomberg-Bericht hat am 16. Jänner Adam Badowski, Head of Studio bei CD Projekt Red, auf Twitter geantwortet. Er relativiert den Bericht und hinterfragt die anonymen Quellen von Bloomberg. Außerdem seien 20 Interview-Partner, manche davon nicht mehr im Unternehmen, nicht gezwungenermaßen stellvertretend für die rund 500 noch aktiven Mitarbeiter. (aam, 18.1.2021)