Besonders umstritten ist beim wissenschaftlichen Personal die Neuregelung der Kettenverträge.

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Der Protest gegen die geplante Novelle des Universitätsgesetzes schwillt weiter an. Am Montag hat eine Gruppe von rund 700 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern einen offenen Brief an Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sowie die Parlamentsparteien unterschrieben. Die Unterzeichner warnen, dass durch Einführung einer Mindeststudienleistung der Druck auf "prekarisierte und marginalisierte Personen" steigt. Vor allem aber befürchten sie eine Verschlechterung der Situation wissenschaftlicher Mitarbeiter durch die Neuregelung der Kettenverträge.

Karriereende und "biografische Verantwortung"

Hintergrund: Ein Gutteil des wissenschaftlichen Personals der Unis ist nicht fix angestellt, sondern hantelt sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten – sogenannte Kettenverträge. Laut Novelle soll künftig die maximale Gesamtdauer einer solchen Kette acht Jahre betragen – wer danach nicht unbefristet angestellt wird, darf an derselben Uni keinen neuen (befristeten) Vertrag bekommen. Viele Jungwissenschafter befürchten jedoch, dass ihnen nach Ablauf der acht Jahre de facto ein Berufsverbot blüht, weil nur wenige übernommen werden. Minister Faßmann meinte dazu kürzlich im STANDARD-Interview, er baue auf die "biografische Verantwortung" der Unis, wenn diese über die Zukunft ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter entscheiden.

Die Verfasser des offenen Briefes glauben offenbar nicht daran, dass diese Hoffnung aufgeht, zumal die Unis kaum zur Entfristung neigen. Um dem entgegenzuwirken, rufen sie die Politik auf, einen gesetzlichen Rahmen "für eine wissenschaftspolitisch und sozial nachhaltige Personalpolitik an den Universitäten zu schaffen, der den befristet und teilweise prekär Beschäftigten langfristige Perspektiven und Karrieremöglichkeiten eröffnet".

"Wir sind an der Grenze"

Um auf die besonderen Probleme von befristet angestellten Wissenschaftern während der Corona-Krise aufmerksam zu machen, sammelt derzeit eine weitere Initiative Unterschriften für eine Petition. Der Appell richtet sich an Wissenschaftsminister Faßmann und den Rektor der Uni Wien, Heinz Engl. Wegen Pandemie samt Lockdown können aktuell geplante Forschungsphasen nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden, erklärt eine der Initiatorinnen, die Soziologin Elisabeth Mayer, im Gespräch mit dem STANDARD. Präsentationen würden verschoben, die Möglichkeit zur akademischen Vernetzung leide wegen abgesagter Kongresse. All das habe "tiefgreifende Auswirkungen auf die zeitgerechte Erfüllung von Qualifizierungszielen", heißt es in der Petition. Hinzu kämen für Forscherinnen und Forscher zusätzliche Strapazen in Form von Care-Tätigkeiten: "Die multiplen Herausforderungen führen die Betroffenen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit – wir sind an dieser Grenze!"

Corona-Fonds zur Vertragsverlängerung

Um für Entlastung zu sorgen, fordern die Unterzeichner von der Regierung die Einrichtung eines Corona-Fonds für befristete wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit soll eine "voll finanzierte und an keine weiteren Bedingungen geknüpfte Vertragsverlängerung für zwölf Monate" abgedeckt werden. Vorerst ist der Vorschlag nur auf die Uni Wien bezogen, die Initiative bemüht sich aber um einen Zusammenschluss mit Betroffenen anderer Hochschulen, sagt Initiatorin Elisabeth Mayer. Die Petition kann noch bis Mittwoch unterschrieben werden. (Theo Anders, 18.1.2020)