Corona-Selbsttest – der neunjährige Tim hat ihn zu Hause mit Papa gemacht, ...

Foto: APA / Anja Oberkofler

... andere Kinder wiederum haben sich in der Schule getestet, wie hier ein Mädchen im Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik in Wien-Hernals.

APA/ANNA MÜLLER

Nach 15 Minuten gibt es ein Ergebnis.

APA/ANNA MÜLLER

Schule und Test ist an sich ja keine ungewöhnliche Kombination. Schulalltag quasi. Mit der Corona-Pandemie aber gibt es jetzt eine neue Testform – bloß mit dem Unterschied, dass die Schülerinnen und Schüler bzw. ihre Eltern, aber auch die Lehrkräfte selbst entscheiden können, ob sie daran teilnehmen. Wenngleich ihnen empfohlen wird, den Selbsttest, der zeigt, ob man mit dem Coronavirus infiziert ist, durchzuführen, um den Unterricht in der Schule möglichst sicher zu gestalten.

In Zukunft soll Montag Corona-Testtag sein. Die eigentlich für gestern geplante Premiere in den Schulen konnte aber nicht überall über die Bühne gehen. Das lag zum einen daran, dass die für 18. Jänner geplante Rückkehr der Schüler Lockdown-bedingt erneut vertagt wurde, zum anderen sind die angekündigten Testkits noch nicht überall angekommen.

Warten auf die Testkits

So zum Beispiel auch in der Mittelschule St. Georgen am Walde im Mühlviertel in Oberösterreich. Aber am Donnerstag ist es dort so weit. Jene Kinder, die zur Betreuung vor Ort in der Schule sein werden – und deren Erziehungsberechtigte schriftlich eingewilligt haben –, werden sich unter fachlicher Anleitung von Direktor Erwin Bindreiter auf das Coronavirus testen. Das Verfahren dazu ist laut Anleitungsvideo des Bildungsministeriums: "Kinderleicht wie Nasenbohren!"

In der Mühlviertler Mittelschule waren am Montag 28 der insgesamt 122 Schülerinnen und Schüler (23 Prozent) anwesend – der bisherige Höchststand. Laut Bildungsministerium sind österreichweit im Schnitt 14 Prozent der Schüler auch im Lockdown in der Schule, in Volksschulen rund ein Fünftel.

SPÖ-Chefin für Zurückhaltung bei schulischer Betreuung

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner plädierte am Montag dafür, "dass Schüler so wenig wie möglich in die Betreuung geschickt werden", weil das Risiko durch die Virusmutation B.1.1.7 für Schulkinder noch unklar sei. Es müsse aber auf jeden Fall einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit geben.

Es seien hauptsächlich Kinder da, deren berufstätige Eltern schlicht Betreuungsnotwendigkeiten haben, sagt Bindreiter zum STANDARD: "Zwei bis drei Schüler haben wir uns auch hereingeholt, weil heute die Englischlehrerin da ist und sie mit ihr nacharbeiten können."

Die unerwünschten Nebenwirkungen des Schulbetriebs auf Distanz versucht er abzufedern, "indem wir besonders auf die vierten Klassen schauen, die vor dem Wechsel in weiterführende Schulen stehen. Wir sind ganz gut unterwegs. Für Oberstufenschüler ist die Situation dramatischer." Generell gelte, so beschreibt er, ein allgemeines pädagogisches Ethos: "Präsenzunterricht wäre uns natürlich lieber." Aber die Schule müsse in dieser schwierigen Lage etwas beitragen zur Pandemiebekämpfung: "Es gibt keine Katastrophenstimmung bei uns."

Rahmenlehrplan heißt, nicht alles muss durchgepaukt werden

Der Direktor erinnert daran: "Wir haben einen Rahmenlehrplan, aus dem ein Lehrer, eine Lehrerin auswählen kann. Sie müssen nicht das Schulbuch von Seite 1 bis 155 durchpauken. Wenn sie in diesem Schuljahr drei Kapitel nicht durchnehmen, ist das kein Drama." Sehr wohl aber schaue man bewusst auf die Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Englisch, "dass wir da nicht runterfallen".

Im Rahmen seiner Autonomie hat er daher aus den normalerweise vier Wochenstunden Deutsch, Englisch und Mathematik im Corona-Schichtbetrieb die drei Kernfächer jeden Tag auf den Stundenplan gesetzt. Durch das Teamteaching in Mittelschulen hat auch jedes Kind, in der Schule oder parallel via Video zugeschaltet, immer alle Inhalte gelernt. Dafür wurden Fächer wie Turnen oder Werken reduziert.

"Fächer für die Seele" müssen Inputs für zu Hause geben

Wobei, das betont Bindreiter ausdrücklich, auch die anderen Fächer haben in der Pandemie Bedeutung und Aufgaben: "Es ist in dieser außergewöhnlichen Zeit umso wichtiger, dass die Schülerinnen und Schüler spüren, dass sich die Schule bzw. die Lehrerinnen und Lehrer für sie als Person interessieren – nicht nur für den Lernstoff – und um ihr seelisches Wohl bemüht sind." Ihm sei daher besonders wichtig, dass auch von den, wie er sie nennt, "Fächern für die Seele", er zählt dazu Musik- und Bildnerische Erziehung sowie den Religionsunterricht, "Inputs für zu Hause gegeben werden. Denn es gibt immer Situationen im Leben, in denen es nicht so läuft, wie wir es geplant und erhofft haben, und es ist keine Schande, auch einmal Fehler zu machen. Wichtig ist nur, wie man mit Niederlagen und Fehlern, auch anderer, umgeht."

Da sehe er auch seine Aufgabe als Direktor: "Mir bewusst, dass ich als Schulleiter, gerade auch jetzt, viel zur allgemeinen Stimmung in der Schule beitragen kann – durch Gelassenheit, durch Toleranz, durch Weitsicht und durch Vertrauen darauf, dass alles wieder recht oder gut wird."

Reißverschlussprinzip hat sich in der Mittelschule bewährt

Was organisatorische Fragen anlange, so habe sich der geplante Schichtbetrieb – in Wien und Niederösterreich ab 8., im Rest Österreichs ab 15. Februar – an seinem Standort bereits bewährt, sagt Bindreiter. Man habe von Anfang an das "1:1-Reißverschlussmodell", also den tageweisen Wechsel der Schülergruppen, praktiziert: "Wir möchten die Kinder bei der Hand haben. Sie brauchen Struktur, Struktur, Struktur. Mit dem damals auch möglichen Drei-Tage-zwei-Tage-Schichtmodell ist die Gruppe mit dem Wochenende fünf Tage am Stück nicht da. Da kommen die Kinder so weg von der Struktur."

Wenn der Schichtbetrieb ins Stolpern kommt

In den Oberstufen wiederum ist der schulische Schichtbetrieb weniger beliebt, wie Isabella Zins, Sprecherin der AHS-Direktorinnen und -Direktoren, auch unter Verweis auf den berufsbildenden Schulbereich, sagt. AHS- und BHS-Vertreter hätten im Bildungsministerium bereits deponiert, "dass die Einteilung in Schichtgruppen aus einzelnen Klassen auch von den Schülern nicht sehr geschätzt wurde". Der Unterricht in den halbierten Klassen sei "ins Stolpern" geraten. Zins plädiert für autonome Modelle zumindest für die Oberstufe. An ihrer Schule, dem BORG Mistelbach, habe es sich in den vergangenen Distance-Learning-Wochen bewährt, abwechselnd ganze Jahrgänge statt halber Klassen in die Schule holen zu dürfen.

Zumindest an der Ausstattung sollte der Digitalunterricht nirgends mehr scheitern. "Es gab da wohl viele Weihnachtsgeschenke", berichtet Direktor Bindreiter. Im ersten Lockdown hat er an neun der 122 Kinder ein digitales Gerät ausgegeben, im zweiten an vier. Jetzt benötigen noch zwei Mehrkindfamilien ein Leihgerät aus dem Schulbestand.

Didaktik für digitalen Unterricht

Digitalisierung ist aber das Stichwort für Evelyn Kometter – und zwar eines, das sie im Verlauf der Pandemie mehr und mehr empört. Nicht die technische Dimension, sondern die pädagogische: "Wir fordern, dass sich alle Lehrkräfte in den Semesterferien verpflichtend die didaktischen Grundlagen des digitalen Unterrichts nachweislich aneignen", sagt die Vorsitzende des Verbands der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen im STANDARD-Gespräch. "Wir hören von vielen schwarze Schafen in der Lehrerschaft, die beim digitalen Unterricht komplett ausfallen", kritisiert sie.

Als übergelagertes Systemproblem, das auch viele Erwachsene, die jetzt Homeoffice machen sollen (auch Lehrer), treffe, nennt Kometter "endlich den Ausbau der Internetinfrastruktur in ganz Österreich, in der Stadt und am Land". Auch darum müssten viele Kinder trotz Lockdowns in die Schule, "weil die Leitungen zu schwach sind und sie ihre Aufgaben nicht abspeichern und schicken können oder Arbeitsaufträge um 20.30 Uhr auf überlasteten Leitungen daherkommen." (Lisa Nimmervoll, 19.1.2021)